Ziemlich weit verreist
Ein Memorial
Wie hieß sie noch, die warme Schöne
mit den braungebrannten Backen
und dem blonden Schalk im Nacken?
Sie hat gar manches Herz verspeist.
Sie ist wohl ziemlich weit verreist.
Der Grandseigneur mit feinem Schliff,
Sentenzen waren seine Tauben,
flogen auf der Schultern Gauben,
gurrten, war verwaist dein Geist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Der Stinke-Hund und Penistropfer,
der ungetreue Freund vom Rhein,
ihm konnte Glut nicht weißer sein,
dann hatʼs die Lippen ihm geweißt.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Der Zarte mit dem Honigmund,
er schrieb mit Fingern in die Luft
Abwege in die Seelengruft,
kein Mädchen ist darauf entgleist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Die Zittermaid vom Landschulheim,
weil sie malte Lebeweiber rosig-dick
mit sehnsuchtstrübem Triefe-Blick,
ward in Handtuchmuster eingeschweißt.
Sie ist wohl ziemlich weit verreist.
Der Glanz des Glatzkopfs und sein Steiß,
er spuckte aus verhextem Glied
die Geister, die der Meister schied,
ward in den Kurs der Rotte eingepreist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Der hübsche Troll mit seiner Mund-,
mit seiner Mundharmonika, er hat
gespielt vom bunten Blatt
des Herbsts, zarte Adieus zumeist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Des Küsters Kind, ein reiner Mensch,
hat manchen Rucksack aufgeschnürt
und manche Seelenglut geschürt
und manchen stummen Teich enteist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Der somnambule Deutschlehrer,
der schrieb statt Noten Hölderlin,
ihn hat ʼne Göre angespien,
umtrakelt ward sein mürber Geist.
Er ist wohl ziemlich weit verreist.
Der bacchisch-rote Gräkomane
wies seinen Jungs maieutisch Furten,
doch warenʼs alles Totgeburten.
Er wußte doch, daß Wahrheit beißt!
Er ist wohl ziemlich weit verreist.