Wie erkennen wir Absichten?
saepe notatus
cum tribus anellis, modo laeva Priscus inani
vixit inaequalis, clavum ut mutaret in horas,
aedibus ex magnis subito se conderet unde
mundior exiret vix libertinus honeste;
iam moechus Romae, iam mallet doctus Athenis
vivere, Vortumnis quotquot sunt natus iniquis.
Oftmals sah man
Priscus erst dreifach beringt, seine Linke dann nackt, so entgeistert
lebte er, ohne Halt, daß er stündlich den Purpur vertauschte,
plötzlich verließ seine Villa, in Höhlen sich barg, wo kein Schnösel
von einem einstigen Sklaven zu hausen vermöchte in Ehren,
ziehtʼs ihn nach Rom jetzt zum Huren, will jetzt er lieber den Weisen
spielen in Athen, der Vortumnen Geschöpf, also wankt er durchs Leben.
In der siebten Satire des Horaz, aus der wir diesen Ausschnitt bringen, führt der Sklave des Horaz am Saturnalienfest, das ihm die Zunge löst, freche, anzügliche und unverschämt belehrende Reden gegenüber seinem Herrn, den er nach stoischer Traktätchenmanier kurzerhand zum Mitsklaven deklariert, sei er doch Sklave seines Bauches und seiner Begierden, insbesondere auch seiner sozialen Stellung eines Angehörigen des Ritterstands, zu den ihn die Gaben des Maecenas emporhoben. Das Amüsement liegt hier natürlich darin, sich vor Augen zu halten, daß diesem Frechdachs von aufmüpfigem Sklaven Horaz selbst die Stimme leiht, wenn er ihn über sich herziehen läßt.
Wir zitieren diese Passage aus der Satire des Horaz, weil sie uns einen Hinweis gibt zu einer Form des Erkennens von Absichten, die uns durch die Verwendung und das Verstehen eines bestimmten Zeichentypus übermittelt werden. Es handelt sich hierbei um die Konvention der Ritter und Senatoren oder Optimaten, der Angehörigen der beiden Gruppen der römischen Elite, ihren sozialen Status durch einen Purpurstreifen zu kennzeichnen, der beidseits der Tunika verlief, dem unter der Nationaltracht der Römer, der Toga, getragenen hemdartigen Kleid, die am Oberkörper unter der Toga sichtbar blieb. Dieser Purpurstreifen wurde clavus genannt. Die Senatoren hatten das Privileg, einen breiten Purpurstreifen sich aufnähen zu lassen (clavus latus), die Ritter begnügten sich mit einem schmalen (clavus angustus).
Auch die Toga hatte je nach Status oder Lebenssituation des Trägers ein je anderes Design, an dem man Trauernde oder Angeklagte (toga sordida, schwarzgraue Toga), Amtsbewerber (toga candida, hellweiße Toga), Männer ohne Magistrat oder Amt sowie freie Jungmänner (toga pura und toga virilis, Toga ohne besonderes Merkmal) und den Kaiser (toga picta, Purpurtoga) erkennen konnte.
Mittels purpurner Bordüren an der Toga oder der toga praetexta konnte der Träger ebenfalls auf seinen sozialen Status verweisen: Die toga praetexta war Magistraten, also Senatoren und Rittern, Priestern und frei geborenen Kindern und Jugendlichen unter 17 Jahren, die von römischen Bürgern abstammten, vorbehalten. Außerdem übernahmen die vornehmen Römer von den Griechen die Gepflogenheit, ein pallium oder einen mantelartigen Überwurf zu tragen, damit konnte man seine Zugehörigkeit zur Elite unterstreichen.
Die Römer, die togati oder die gens togata, das Volk in der Toga, zeigten mit dem Tragen dieses Kleidungsstückes auch, daß sich das Land im Frieden befand; aufgrund des Gegensatzes zu arma, Waffen, ergab sich der Nebensinn „Frieden“ für Toga. Auch Frauen trugen eine Art Toga, die Palla, ein faltenreiches Obergewand. Doch konnten sie zusätzlich mit einer farbigen Stola ihren Status als matrona (treue Gattin und Hausfrau) kennzeichnen, während es Prostituierten und Ehebrecherinnen untersagt war, die Stola zu tragen.
An den Saturnalien, den ausgelassenen Feiertagen des Festes für den Gott Saturn im Dezember (madidi diei, feuchte Tage), in denen die Horazische Satire 2, 7 spielt, fielen die engen Vorschriften der Sitte hinweg, Schüler hatten schulfrei, Sklaven waren von der Arbeit freigestellt, der Wein floß in Strömen und – man hatte die Toga abgelegt und kostümierte sich leger, den Kopf zierte der pilleus, eine Filzkappe, die sonst nur freigelassene Sklaven trugen.
Wir können auf die Kleidung der Römer den uns vertrauten Begriff der Mode nicht anwenden, weil sie weder Ausdruck persönlicher Neigungen und Stilvorlieben war noch kollektiven oder von der Modebranche gesteuerten Trends der Variation und Veränderung unterlag. Die römische Tracht war vielmehr gesetzlich vorgeschrieben und als feste Gepflogenheit in die Lebensform verwoben. Uns mögen die über viele Jahrhunderte der Republik und der Kaiserzeit unverändert gebliebene Kleidungsusancen der Römer uniform dünken, doch wie angedeutet boten die Varianten der Togen und Tuniken reichlich Stoff für Nuancen und Differenzierungen.
Gewiß können wir dem Senator, der die purpurverbrämte Toga trug, die Absicht unterstellen, dadurch seinem Rang und seiner Würde Ausdruck zu geben. Aber er hatte, während er die Toga trug, nicht beständig die Absicht im Sinn, dies zu tun. Wir sagen: Absichten, die sich dauerhaft in Zeichen manifestieren und in Zeichenträgern verkörpern oder in zeichenhaftem Verhalten verstetigen, werden zu Gewohnheiten oder Gepflogenheiten.
Keinesfalls aber sollten wir die Zügel des Begriffs so weit schleifen lassen, daß wir Kleidung und Mode als gleichsam autonomes und aus sich selbst agierendes System von Zeichen betrachteten, in dem gemäß gesetzesförmiger Muster wie des Gegensatzes (toga – arma) oder der Variation (clavus latus – clavus angustus) oder der Überdeterminierung (toga praetexta + clavus latus) die Zeichen gleichsam mit sich selbst nach Regeln spielten, die denen der syntaktischen Ebene der Sprachzeichen analog wären. Denn die syntaktische Ebene der Sprache, von der Lautbildung bis zur grammatischen Form, ist zwar durch gesetzesförmige Muster dieser Art geprägt (Gegensatz: dentales t und linguales l, Variation: g und k, Überdeterminierung: doppeltes t oder sz bzw. ß), ist aber den höherstufigen Ebenen der Semantik und Pragmatik ein- und untergeordnet. So macht es einen nicht unbeträchtlichen Unterschied, wenn wir sagen: „Dafür hat er keine Muße“ in der Bedeutung: „Dafür hat er keine Zeit“ oder: „Dafür hat er keine Muse“ im Sinne von: „Dazu ist er nicht begabt“. Hier erfassen wir den Unterschied auf der semantischen Ebene. Und der Satz „Dafür hat er keine Muße“ bedeutet etwas anderes, wenn wir ihn angesichts eines Bekannten äußern, den wir auf der Parkbank lümmeln sehen, obwohl er uns gestern zusagte, heute unseren Aufsatz zu lektorieren (hier handelt es sich um die ironische Verwendung des Satzes), oder angesichts eines anderen Bekannten, der mit seinem Laptop auf der Parkbank sitzt und eifrig auf die Tasten haut, wenn wir unsere Erwartung, mit ihm ein Plauderstündchen halten zu können, aufgeben. Hier erfassen wir den Unterschied auf der pragmatischen Ebene.
Wir finden vielmehr, daß der nichtverbale Zeichentypus der Kleidung gleich anderen nichtverbalen Zeichentypen wie Wappen, Flaggen oder Emblemen der pragmatischen Ebene des sprachlichen Zeichengebrauchs analog ist, und zwar im wesentlichen den Sprachakttypen von Mitteilung und Aufforderung: Der Senator teilt gemäß offizieller römischer Kleiderordnung mit dem Tragen der toga praetexta seinen sozialen Status mit und er fordert mittels dieser Zeichenverwendung die Mitwelt auf, seinen Rang und seine Würde zu respektieren. Ähnliches gilt für die Kleiderordnung von Militärs, wenn der Offizier mittels seiner Rangabzeichen zum einen auf seine Stellung in der Armee hinweist und zum anderen den Rangniedrigeren dazu auffordert, sich zu erheben und ordnungsgemäß zu grüßen.
In der Satire des Horaz ist von einem Priscus die Rede, der den clavus häufig wechselt, das heißt, mal eine Tunika mit clavus latus, mal eine mit clavus angustus trägt, in der typisch satirischen Manier der Übertreibung redet der freche Sklave davon, er wechsle sie stündlich. Auch sonst benimmt dieser Priscus sich seltsam: Er verkriecht sich wie ein armer Asket oder kynischer Philosoph in einem schmutzigen Loch, dann steigt er in Rom den Huren nach, um anderntags nach Athen, wahrscheinlich zur Philosophenschule der Stoiker, der Stoa poikile, zu pilgern und scheinheilig den Weisen zu markieren. Horaz zieht eine kurze Zwischensumme in Form einer Gnome für diese Ausgeburt der Dekadenz oder dieses Zerrbild des taedium vitae (des Lebensekels) und bezeichnet ihn als Kind der Wandlungsgötter (Vortumni). Wir besichtigen also anhand dieser satirischen Mißgeburt eine soziale Szene, in der die traditionellen Bezüge und festen Zeichenkonventionen in Unordnung geraten sind: Wenn dieser Priscus auf der Bildfläche auftaucht, hat er andere Absichten, als seinen wahren Status mittels des korrekten clavus auf seiner Tunika kundzutun. Vielmehr will er sich und alle Welt an der Nase herumführen oder er ist angewidert vom zeichenhaften Leben, der Fülle all der Zeichen, ihrer Kundgabe durch Handlungen und Mitteilungen, überdrüssig.
In derselben Satire finden wir den Autor selbst abkonterfeit durch seinen gehässigen Sklaven, wie er, Horaz, sich der Insignien seines Standes, des Rings und der Tunika mit dem clavus angustus, entledigt, um unter einer Kapuze versteckt sich ins Haus seiner Geliebten, einer Ehebrecherin, zu schleichen. Er erhält einen satirischen Stich ins Kreuz mit der Frage: non es quod simulas? Bist du das nicht, den du da nachahmst? Oder können wir weiter fragen: Hast du mit der Verleugnung der Zeichen deiner Stellung und deines wahren Orts im Leben nicht auch dein wahres Selbst preisgegeben und es dem Belieben von Masken und Maskeraden anheimgegeben? Offensichtlich sieht sich Horaz hier nicht gerade in der Rolle eines Ehrenmannes, eines vir honestus oder honnête homme, der seinem Ruf gerecht wird und ist, was er scheint, aber nicht vorgibt zu sein, was er nicht ist.
Wie ersehen hier en passant, daß die Identität der Person mit den Zeichen verknüpft und verwachsen ist, die ihre Rollen und Positionen in der Lebenswelt markieren. Sich gänzlich davon emanzipieren zu wollen, macht nicht frei, sondern verzweifelt oder verrückt.
Eine Trauerbinde am Arm zu tragen galt als konventionelles Zeichen, seinen Status als eines Trauernden mitzuteilen. Die Mitwelt konnte dem gerecht werden und dem Betroffenen mit dem nötigen Feingefühl begegnen. Wir sehen die Farbe Schwarz als natürliches Zeichen für die dunklen Bereiche des Daseins an. Auch der römische und klerikale Purpur hat einen natürlichen Zeichenaspekt, insofern die Herstellung dieser Farbe kostspielig und ihre Stellung im Farbspektrum außergewöhnlich ist. Dasselbe gilt auch für die Wappentiere des Löwen oder Adlers, die als Raub- und Herrentiere exzellieren.
Wir bemerken, daß viele Zeichen zur Kundgabe von Status und Lebenszustand ein natürliches Substrat kulturell und konventionell überformen. Der natürliche Aspekt der Konvention erleichtert das Erkennen der Intention des Zeichengebers und Zeichenträgers.
Wenden wir uns den rein konventionellen Zeichen zu, finden wir sogleich Auskunft bei den Sprachzeichen, an denen wir die Absichten dessen, der mit ihnen eine Sprachhandlung vollzieht, meist leicht erkennen können.
Wenn die Geliebte dich fragt, ob du sie heiraten willst, solltest du nicht verfehlen, die Frage als Frage zu identifizieren. Aber das Satzeichen der Frage, denn auch ganze Sätze behandeln wir als Zeichen, und damit die Frageabsicht des Sprechers zu identifizieren fällt uns gewöhnlich leicht. Schriftlich formulierte Fragen erkennen wir am Fragezeichen, mündlich geäußerte Fragen am Satzton und der Inversion von Subjekt und Prädikat („Wir gehen.“ – „Gehen wir?“). Wie wir Fragen erkennen und selbst Satzfragen bilden, haben wir von Kindesbeinen an gelernt und gleichsam mit der Muttermilch aufgesogen.
Hierzu gehört auch das Erkennen indirekter Absichten, so wenn dich die Freundin fragt, ob ihr die Bluse nicht zu eng sitze: Sie will ja keineswegs die Wahrheit aus deinem Munde erfahren, daß dies leider der Fall ist, sondern die Unwahrheit und also eine Schmeichelei. Erweist du dich hier als Wahrheitsfanatiker, weil du die indirekte Frageabsicht nicht erkannt hast, geht der Schuß nach hinten los.
Absichten der Menschen, mit denen wir umgehen, zu gewahren und korrekt zu deuten ist entscheidend für unsere Orientierung im Alltag. Absichten nicht zu erkennen oder zu verkennen, Absichten zu mißdeuten bringt uns in mehr oder weniger große Schwierigkeiten.
Wenn du meine Frage, ob wir gemeinsam der Aufführung der Schubertischen Winterreise beiwohnen wollen, als ironische Anspielung auf deine aus dem Ruder gelaufene Liebespassion verkennst, stößt du mich vor den Kopf und bringst dich um einen exquisiten Kunstgenuß. Wenn ich deinen Hinweis, daß es regne, auf meine Frage, ob wir in den Park gehen, nicht als eine höfliche Form der Absage erkenne, sondern als bloße Tatsachenfeststellung nehme oder als Aufforderung, sich mit Regenschirmen zu bewaffnen, wirst du dich vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn ich Anstalten mache, mit dir in Richtung Park aufzubrechen.
Die feineren und subtileren, die hintergründigen und ironischen Verwendungen der Frageform lernen wir in späteren Sprachspielen, so wenn du mich fragst, ob du lachen oder weinen sollst oder ob ich nicht noch lauter reden könne: Natürlich schwankst du nicht wirklich zwischen Lachen und Weinen, sondern mokierst dich über mein zweideutiges Reden und Gebaren; natürlich soll ich nicht wirklich lauter reden, sondern im Gegenteil den Mund nicht so voll nehmen.
Wir sagen, der Kontext der Zeichenverwendung und vor allem der Kontext des Sprachgebrauchs ermöglichen oder erleichtern uns, die Absicht dessen, der das Zeichen verwendet, zu erkennen. Fragt dich ein Freund, der es gut mit dir meint, ob du mit dem Kopf durch die Wand willst, verstehst du den metaphorischen Sprachgebrauch, wenn du die Äußerung auf deinen emotional allzu aufgewühlten Zustand beziehst.
Die elementare Sprecherabsicht der Behauptung, der Frage und der Aufforderung zu erkennen, scheint uns keine allzu großen Schwierigkeiten zu machen, wenn die Sprechakte in einen nichtverbalen Handlungsrahmen eingebettet sind, auf den wir zurückgreifen können, um Lücken und Unklarheiten in der Identifizierung der Absicht auszuräumen.
Die Schwierigkeit beginnt dort, wo wir keine Zeugnisse über Sprecherabsichten vorliegen haben, sondern bestenfalls Berichte über solche Absichten oder nur Handlungen und Handlungsfolgen beziehungsweise Berichte über Handlungen und Handlungsfolgen, aufgrund deren wir Sprecherabsichten oder Handlungsabsichten erschließen müssen: Dies aber ist im allgemeinen bei länger zurückliegenden historischen Ereignissen der Fall. Denn Berichte und Dokumente dieser Art füllen unsere Archive.
Wenn Caesar in seinem Rechenschaftsbericht an den Senat De bello Gallico ziemlich genaue Angaben über Völker, Orte, Daten und militärische Auseinandersetzungen macht, sollen wir seine Zahlenangaben wie die Zahl der Besiegten willig hinnehmen oder ihm die Absicht unterstellen, sich mittels Übertreibung ins Lampenlicht zu rücken? Wir können dies nur mühsam mittels archäologischer Befunde, wie die Ausgrabung von Schlachtfeldern und die Schätzung der Anzahl der Gefallenen, verifizieren oder falsifizieren. (Er scheint im allgemeinen nicht übertrieben zu haben.)
Viele Taten sind selbst zeichenhafte Handlungen, die wir im Kontext verstehen. Wenn der christliche Missionar Bonifatius vor den Augen der heidnischen Chatten (der heutigen Hessen) die Donareiche fällt, wissen wir, was gemeint ist, nämlich die Heiden von der Ohnmacht ihrer Götter gegenüber dem christlichen Gott zu überzeugen. Wenn sich Kleopatra nach der Niederlage bei Actium die Natter an den Busen setzt, tat sie es aus Lebensüberdruß oder war es ein heroischer Suizid, weil sie sich der Schmach, beim Triumphzug des Octavian mit einer Schlinge um den Hals durch Rom geführt zu werden, entziehen wollte? Horaz glaubte es zu wissen (Heroismus). Wir wissen es nicht. Jedenfalls läge im zweiten Fall, der heroischen Tat, eine Koinzidenz vor zwischen der direkten Handlungsabsicht, sich zu töten, und der symbolisch zeichenhaften Handlungsabsicht, Octavian und den Römern ein Schnippchen zu schlagen.
Auf meine Frage, ob wir in den Park gehen sollen, hast du konventionsgemäß genickt und nicht unwillkürlich gezuckt. Hättest du gezuckt, hätte ich dich mißverstanden und du hättest keine Absicht bezeichnet.
Gebärden und Mimik sind zeichenhafte Kundgaben von Absichten dessen, der die Stirn runzelt, um dir kundzutun, daß dein Vorschlag, jetzt bei Regen in den Park zu gehen, auf wenig Verständnis stößt, oder dessen, der dir auf der Türschwelle zuwinkt, um dir kundzutun, daß du willkommen bist.
Wir können alle Arten von Zeichen, Sprachzeichen oder Gebärden und Mimik, dazu verwenden, andere zu täuschen und hinters Licht zu führen, denn auch Täuschung ist die Verwirklichung einer Absicht. Für die Täuschung mittels sprachlicher Zeichen haben wir einen eigenen Begriff: die Lüge.
Täuschungen als solche und also die Täuschungsabsicht zu erkennen heißt sie entlarven und dadurch der Absicht des Täuschenden zuvorkommen. Hier besteht also die Absicht des Täuschenden darin, seine wahre Absicht zu verbergen und hinter einer geheuchelten Scheinabsicht zu verstecken und unkenntlich zu machen. Der Händler, der Schundware über den grünen Klee lobt, verwirklicht seine Absicht zu täuschen und zu betrügen, wenn du ihm glaubst, und sein betrügerisches Ansinnen scheitert, wenn seine Übertreibungen in dir Verdacht schüren. Der Ehemann, der nach Jahren unterkühlten Gebarens plötzlich mit Rosen auftaucht und der Gattin Honig um den Mund schmiert, verwirkt seine Absicht, den Ehebruch zu verschleiern, wenn seine Frau Verdacht schöpft.
Schwierig sind die Zeichen, die auf Mitteilungsabsichten weisen, aber keinen Kontext bieten, der sie näher erschließt. Die ersten menschlichen Schriftzeichen sind Kerben auf Stelen, deren intentionaler Hintergrund an der systematischen Anordnung der Einritzungen kenntlich ist. Ob sie einfache Aufzählungen oder Rechenoperationen oder Namen darstellen sollen, bleibt mangels Kontext im Dunkeln.
Dagegen sind Verfärbungen und Verfleckungen der Haut, die auf eine Krankheit hinweisen, keine echten Zeichen, sondern unwillkürlich entstandene Symptome, die als solche vom Kennerblick gedeutet werden. Verworrenes Reden kann ein Symptom einer akuten psychotischen Phase sein, obwohl immer auch Reste intentionalen Sprachgebrauchs darin versteckt sind, mit denen der Kranke seiner Angst oder Hilflosigkeit Ausdruck geben mag.
Fazit:
Wir erkennen Absichten nicht unmittelbar, sondern an den konventionellen Zeichen, die uns im besten Falle die Absicht dessen mitteilen, der sie äußert. Dabei übermitteln uns nichtverbale Zeichentypen wie Kleidung, Wappen, Flaggen und Embleme die Absicht ihrer Träger und Verwender, uns zum einen ihren sozialen Status, ihre Gruppenzugehörigkeit oder ihre Herkunft mitzuteilen und zum anderen uns dazu aufzufordern, uns diesem Status, dieser Zugehörigkeit und dieser Herkunft gemäß zu benehmen. Kleiderordnungen oder Abzeichen sind in Zeichen und Zeichenträgern verkörperte und verstetigte Absichten, sie zu verwenden nennen wir Gewohnheiten oder Gepflogenheiten. Das differenzierteste und reichhaltigste, zur Hauptsache funktionstüchtige, in subtilen Nebensachen aber auch störanfällige und mißverständliche Zeichensystem zur Mitteilung und zum Ausdruck unserer Absichten ist die Verwendung sprachlicher Zeichen: Wir erkennen die Absichten des Sprechers, uns etwas mitzuteilen, eine Frage zu stellen oder zu einer Handlung aufzufordern, unmittelbar und ohne Zuhilfenahme von Interpretationen auf der pragmatischen Ebene der Sprache an den Sprachhandlungen selbst, die solche Absichten ausdrücken, wie der Aussage, der Frage und der Aufforderung. Subtile Absichten wie ironische Hinweise zu erkennen, ist nicht immer leicht, kann aber durch Beachtung der Sprecherumgebung bewältigt werden. Phänomene wie Fieberflecken und andere unwillkürlich entstandene Signale sind keine echten Zeichen, sondern Symptome.
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