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Urlaubstage in der Ewigkeit

26.06.2015

Wir leben für die Katz. Für die schöne, für die feine, die spitzohrige, flauschflaumige, kratzfatzige Katz.

Wir sitzen auf der Bank und schauen übers Tal und reden katz- und katzelig über Katz und Maus. Wir streuen durch den Wolf gedrehtes Hühnchenfleisch in Trockenbonbonformat auf die Mauerbrüstung aus und hoffen für die Katz und ihr feines Näschen.

Du und ich, wir leben für die Katz, das Katzerl, denn was wir erübrigen an Sommernachmittagsgefühlen, geht alles hin und weg nur für die Katz.

Da kommt das weiche Seelentier und windet sich durchs Gitter. Das gute Näschen hat es ihm erwittert. Jetzt buckelt unser Kätzchen so nahe vor mir hin – da will ichʼs voller toller Liebe packen und fass es schon am Schlafittchen – miau, miau, ausi ist der schnurrbärtige Kobold und hat sich meinem Griff ruck, zuck entwunden.

Du und ich, wir leben für die Katz. Wir sind ja hin und weg von all der wunderlichen Katzen-Anima, die uns mit Schnurren und mit Murren wild beseligt, sanft besiegt.

Wir schmelzen zärtlich hin für unsre Katzenseele und nennen kosend sie „Fele-Mele“.

Wie gerne sind wir hin und weg fürs Katzen-Seelchen und wispern mit der grauen Maus aus dem staubig-kotigen Mauseloch: „Wisper, wisper, ist das Katzerl da, das Schnurrebiest?“ Und wir zittern mit dem Mäuschen vor dem Bernsteinauge unsrer schönen Räuberin.

Wie schön schamlos gähnt die Katz und streckt das rosa Zünglein in die katzenfrohe Welt! Wie schön arglos rekelt sich die Katz auf dem warmen Stein und streckt die Pfötchen in das Himmelsblau!

Wir leben für die Katz. Doch die Katz lebt nicht für uns. Wenn wir mit Kinderaugen schauen in das Tal und schielen dann und wann und immer wieder seitwärts nach der Katz, kommt sie noch lange nicht. Und kommt sie dann herangepirscht, stolziert sie lautlos an der Nase uns vorbei und würdigt keines Katzenaugenblickes uns und unsre Katzenfröhlichkeit.

Weil wir leben für die Katz, leben wir für uns. Weil wir die Katze lieben, lieben wir auch uns. Weil uns die Katzen-Anima beseelt, müssen wir nicht dürftig menscheln nur. Weil die Katzen-Anima uns animalisiert, sind wir nicht so todeslangweilig an Herz und Hintern humanisiert.

Wackelt kurzsichtig und krummen Beins der Dackel durch das Tal, schautʼs Katzerl einmal hin und zweimal niest es hinterher.

Dackelt wiederum das Hundchen vorbei, dann schießt die rote Feuerseele unsrer Herzenskatze ihm an die Gurgel und bringt ihm Mores bei. So lernt der tumbe Kerl, was es heißt, die Katzen-Aura mit üblem Dackeldunst und stinkigem Fellgeruch zu ätzen und verletzen.

Bald machen wir wieder Urlaub in der Katzenewigkeit. Die dauert so ein Stündchen in der Abendsonne, wenn das grüne Tal mit uns atmet ein und aus.

*

Als würde dein Schatten wie ein scheues Tier kuschen und sich in die Stille schmiegen auf der Abendwärme des Kieswegs. Und dein Schatten sickert in den Kies wie die dunkle Lache aus dem ausgegossenen Messingeimer und beleckt den Humus. Dein Schatten, du fühlst ihn, sickert in das leise Wachsen des lauschigen Mooses. Und ringsum, was Größe hieß und Elend, was Menschheit und was Zeit, schmilzt in das Wunderlicht der Ewigkeit.

*

Die Elster springt, die Elster hüpft. Wie lebendig dieser winzige schwarzweiße Fleck am Saum der Wiese! Die Wolke steht über uns in ungreifbarer Höhe. Es schwindelt uns, wenn wir mit Blicken nach ihr greifen. Ich bin mit dir, und du bist mit mir, und jedes ist für sich in Gedanken in der Höhe der reinen Wolke, die zu stehen scheint und doch leise, leise dahinweht. Und wie schnell sie verging! Schon steht das blaue Tor des Himmels offen, und frisch gewaschen glänzen die türkisfarbenen Kacheln des grenzenlosen Himmelskorridors. Um das kosmische Dunkelblau der unbewussten Liebe bläht sich die zart durchbrochene Gardine eines wässrig-weißen Dufts, vor das tiefe Auge der Ewigkeit schiebt sich ein Schleierhauch aus wolkigem Nichts. Da flattern unsre Seelen mit dem Schwarm der Elstern auf und wollen nicht mehr harren in dem Wiesental, wo es krabbelt und wimmelt von Würmern und Mücken und Mäusen und wo ein Pfad von Weiler zu Weiler sich schlängelt, auf dem die Besitzer ihre Hunde und die Hunde ihre Besitzer ausführen. Schwärmen wir also aus oder hängen wir uns müde an die Schleier und Zipfel der immer ferner ziehenden Wolken und lassen uns blenden von den Kondensstreifen der Düsenjets? Gleiten wir noch ein wenig über die blauen Fahnen des Winds, schaukeln wir noch ein wenig auf den Lichtbojen des Abendhimmels, bis uns ein großherziges Gähnen auf den Teppich aus Kräutern und Halmen zurückwirft. Oder wir bleiben in halber Höhe wie die flirrenden Blätter der Pappel hängen und trudeln seitwärts in ein halb geträumtes Plaudern und Plauschen, bis uns die Kühle die Haut kitzelt und das Silberwappen der schmalen Zarge des Monds an die ewige Heimat gemahnt.

 

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