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Sophokles, Elektra, Verse 137–153

11.08.2021

Χορός

ἀλλ᾽ οὔτοι τόν γ᾽ ἐξ Ἀΐδα
παγκοίνου λίμνας πατέρ᾽ ἀν-
στάσεις οὔτε γόοισιν οὔτ᾽ εὐχαῖς.
ἀλλ᾽ ἀπὸ τῶν μετρίων ἐπ᾽ ἀμήχανον
ἄλγος ἀεὶ στενάχουσα διόλλυσαι,
ἐν οἷς ἀνάλυσίς ἐστιν οὐδεμία κακῶν.
τί μοι τῶν δυσφόρων ἐφίει;

Ἠλέκτρα

νήπιος ὃς τῶν οἰκτρῶς
οἰχομένων γονέων ἐπιλάθεται.
ἀλλ᾽ ἐμέ γ᾽ στονόεσσ᾽ ἄραρεν φρένας,
Ἴτυν, αἰὲν Ἴτυν ὀλοφύρεται,
ὄρνις ἀτυζομένα, Διὸς ἄγγελος.
ἰὼ παντλάμων Νιόβα, σὲ δ᾽ ἔγωγε νέμω θεόν,
ἅτ᾽ ἐν τάφῳ πετραίῳ
αἰεὶ δακρύεις.

 

Chor:

Und doch weckst auf du nimmer
aus Hades Ur-Sumpf dir den Vater,
mit Klagen nicht, nicht mit Gebeten:
Tiefer nur sinkst du vom Rand des Leidens
immerzu stöhnend in Leidens Abgrund,
wo keine Erlösung vom Übel dir wird.
Warum willst gleiten du tiefer ins Unglück?

Elektra:

Unmündig, wer die Eltern vergißt,
schwanden dahin sie jämmerlich.
Mir aber wärmt das Herz, die da schluchzt
um Itys, immer um Itys wehklagt,
flüchtiger Vogel der Nacht, ein Bote des Zeus.
Weh auch dir all-
duldende Niobe, Göttin heiße ich dich,
die auf dem Grab, dem steinernen,
weint, ewig weint.

 

Anmerkung zum Verständnis:

Nachdem die Königin Klytaimnestra gemeinsam mit ihrem Geliebten Aigisthos den von Troia an den Hof zu Theben heimkehrenden Gatten Agamemnon, den Heerführer der hellenischen Stämme, heimtückisch im Bade abgeschlachtet hatte, fristete ihre Tochter Elektra, ganz von der Trauer um den Vater verzehrt, ein elendes Leben in den Höfen und Gängen des Palastes; ihr Bruder Orestes, dessen Rache die Mutter fürchtete, wurde an den Hof des Königs von Phokis verbracht, wo er gemeinsam mit dessen Sohn Pylades aufgewachsen ist.

Im Prolog der Tragödie läßt Sophokles den Rächer Orestes mit seinen Begleitern, einem treuen Pfleger und Diener und dem Freund Pylades, auftreten und den Racheplan erwägen. Sie wollen als Fremde verkleidet vorgeben, die Asche des Orestes in einer Urne zu überbringen, um Klytaimnestra zu täuschen und in falscher Sicherheit zu wiegen. Zuvor aber wollen sie ans Grab Agamemnons eilen, um das obligatorische Totenoper darzubringen.

Elektra tritt auf und ergeht sich in einem pathetischen Monolog der Klage und Trauer über ihre verzweifelte Lage; sie fleht die Göttinnen der Unterwelt, die Erinnyen, an, den Mord an ihrem Vater zu rächen, ihr den Bruder zu senden, auf daß er das Werk der Vergeltung vollziehe.

Schon in ihrem ersten großen Monolog erwähnt Elektra die Nachtigall, sie tut es erneut im Dialog mit dem Chor, der oben zitierten und übersetzten Szene. Die Nachtigall aber ist wie die von Elektra gleichsam als Schutzheilige ebenfalls beschworene Niobe eine tragische Gestalt des griechischen Mythos: Prokne, die Tochter des Königs Pandion von Athen, hat mit ihrem Gatten Tereus, dem König von Thrakien, den Sohn Itys. Tereus vergewaltigt die Schwester der Prokne, Philomela, und reißt ihr anschließend die Zunge heraus, um sie zum Schweigen zu bringen. Sie aber webt ein Tuch, das die böse Tat darstellt, und gibt es ihrer Schwester. Die beiden Schwestern rächen sich, indem sie Itys töten und dem Vater zum Mahl vorsetzen. Tereus entdeckt die Mordtat an seinem Sohn und verfolgt die Schwestern, um an ihnen Rache zu nehmen. Doch noch bevor er Hand an sie legen kann, verwandelt Zeus alle in Vögel, Tereus in einen Habicht, Philomela in eine Schwalbe und Prokne in eine Nachtigall.

Die andere tragische Gestalt, mit der sich Elektra identifiziert, Niobe, prahlte mit ihren sieben Söhnen und sieben Töchtern vor Leto, der Mutter von Apollon und Artemis; diese töten Niobes Kinder mit Pfeilen, Niobe selbst wird von Zeus in einen Stein verwandelt, der immerzu Tränen vergißt.

 

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