Was schlimmer ist
Geschwätz und Kauderwelsch gemischter
Sprachen von Menschen, zwiegesichtig
oder wulstiger, debiler Lippen –
schlimmer sind der Hintersassen
tätowierte Kerle mit Halskettchen, Silberringen
und Meinungen, hartgebrannt
wie Terra Sigilata, die sie Krug für Krug
an die Wände schmettern.
Schlimmer ist Gezeter alter Weiber
in den faulen Abendstunden,
wenn Nachbarn sich im Wettstreit
aufgedrehter Radios und Fernseher
oder mitternächtig mit pornostrammem
Lustgestöhn in die Eingeweide
lieblicher Affekte greifen.
Schlimmer ist es, wenn der Sekten
spitzes Psalmodieren den Qualm
von Wurstsaft überspritzter Hinterhöfe
rituell durchsticht.
Was noch schlimmer ist:
wenn sich die Stimmen atonaler Opern
gleich schartigen Messern
aneinander reiben
und im finalen Schreikrampf
Erwürgten gleich die Zungen
aus den ausdrucklosen Masken strecken.
Was noch viel schlimmer ist:
wenn in den Sterbehäusern
aus den Tropfsteinhöhlen
moribunder Leiber
es wie Hunde kläfft
oder wie der Ratten hohes Pfeifen,
während die Seelen-Fledermäuse
lautlos in den Sterbekammern kreuzen.
Am schlimmsten aber ist:
wenn ganz verblasste Wünsche,
Sirenen auf den Todesinseln,
flügellahme Geier
mit platinblondgelockten Engelsköpfen,
aus dem Mund der halberstickten Seele
nach den schönen Opfern singen,
um ihre ausgeschabten Schädel
wie märchenzarte Muscheln
sich ans Ohr zu pressen –
und wiegen sich im Blues
der totgeküssten Liebe.
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