Satans Komödianten
Nach einer wahren Begebenheit
Sie haben sie sofort gewittert, Zecken,
die träumend im Laub des Dämmers schaukeln, jäh erwachend,
pulst unter ihnen warm das Blut des Rehs,
und stürzen sich hinab, zu saugen, saugen.
„Siehst du die Kette am Hals der Alten, siehst du
den Diamanten?“ – „Ja, und am Arm der Reif
aus purem Gold!“ Die alte Dame, wer mag
sie sein, die zitternd im Café ihr Eis schlürft,
die Kette aber klirrt hell auf den Tisch,
am Becher scheppert ihr der Reif, der goldne?
Sie ist die Ahnin, Mutter, Gattin, Schwester,
das Kind, das die zerdrückte Puppe im Arm
von seinen Eltern auf dem Leiterwagen
durch Marsch und Moor gezogen vor den Greueln
gen Westen floh, das Mädchen, das nähte, strickte,
und während es wusch und buk, versonnen sang,
die Frau, die dem Mann, dem treulosen, treu blieb,
Kinder gebar, und hat sie ernährt, mit ihnen
musiziert, es ist die alte Dame,
die ihre graue Kindheit und glanzlose Jugend
mit ein wenig Goldstaub und dem Schimmer
von Edelsteinen übermalen mag.
Wer sind die lauernden Zecken, die an fremdem,
unschuldigen Blut erwachen? Die entarteten
Söhne des falschen Propheten, Parasiten
auf dem schwelenden Wohlstandsmüllberg deutschen
Untergangs. Sie folgen dem Opfer, das krumm
am Krückstock sich den bitteren Heimweg ertastet.
„Du die Kette, klar, und ich den Reif!“
Sie schleichen an, hört hecheln man die Zungen,
o, sie tänzeln wie Katzen, mauzen sie etwa,
schmutzig grinsende Gecken in Markenklamotten,
kahl an den Ohren, die taub sind für Trakls Gesang,
sie müssen ihren Salär nicht erhöhen, der ihnen
vom kastrierten Vater Staat und dummen
Gleichheitsfrömmlern gepäppelt wird, sie wollen
die Deutsche, dem Tod schon nah, entehren.
Schamlos-dreist wie Satans Komödianten
sprechen sie die Greisin an, vertraulich,
wie Nachbarn tun und höfliche Passanten.
„Schönes Wetter heut!“ – „Vorsicht, dort
die Stufe!“ – „Fein der Schmuck, den Sie da tragen!“
Und einer reißt die Kette ihr vom Hals,
der andre dreht mit hartem Griff den Reif
vom Arm. Sie taumelt, stiert entgeistert, öffnet
den bleichen Mund, doch kommt kein Schrei. Die aber
eilen fröhlich zu der Brüder Schar,
sich einer großen Tat zu rühmen. Und würde
man sie fassen, Milde walten ließe
das Gesetz und schonte sie, die wahren
Opfer, scheel beäugt, die Dunklen von der Weißen,
sie hätten symbolisch sich nur angeeignet,
was ihren Vätern geraubt von deren Vätern
beim kolonialen Zug im Orient.
So wird der Schaum des Anwalts sie entlasten,
und erst das Elend ihrer Flucht, in grellen
Farben von gedingten Pädagogen ausgewalzt,
und war’s ein Sommerausflug auch mit Tanz
und Allotria auf einem weißen Luxusschiff,
wird eine feige Richterin zu Tränen rühren.
Das Leid, das Grauen, in das die Bestien
ihr Opfer stürzten, kommt hier zur Sprache nicht.
Doch stünden sie vorm eignen Kadi,
wie lautete sein Spruch? „Hackt ihnen ab
die Hand, die ganz verfaulte, die verdorrte!“
Doch mein Spruch schneidet tiefer: „Lasset Schweine
hungern, hackt dann die Hände ab, die Arme,
werft sie den Tieren vor und laßt die Schurken,
während sie verbluten aus den Stümpfen,
das Satyrspiel betrachten, wie sie grunzend
sich auf die Glieder stürzen und sie fressen.“
Wie aber richten, die sie zu uns ließen,
Blutsauger, Räuber, Messerstecher, Schänder,
den Grenzschutz opfernd für den edlen Wahn,
am deutschen Wesen soll die Welt genesen,
die Heimat opfernd in dem wilden Trieb,
des Volkes Antlitz grell zu tätowieren?
Ach, ihre Hauptstadt hat ja viele Straßen,
und jede Straße hat der Lampen viel,
da mögen manche lange Schatten werfen …
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