Richard George, The Mermaids of Brobdingnag
It was every zoologist’s dream.
In this fjord-Iceland
the other side of the New World,
Sirenians, sea cows
but narwhal-dwarfing, mountainous -
and here he was, Georg Steller,
administering baptism.
Through chilly April sunsets
where only the sky’s yellow-ochre
spoke of Spring, he watched them mate,
feeling for the one hither-
thithered by his lover’s
double-ballet, catch me, catch me not.
They even slept on their back. He thought:
‘How little divides us’.
But what do you eat, in Kamchatka?
How do you keep warm?
He went with the hunters.
The details tore his heart out:
the massive hook, the ropes,
the beating, and the desperate
devotion of the male
‘even when she was dead’
as he told the clean white page
(the fat burned without smoke).
In Europe, he petitioned.
Siberia’s longitude
intervened. He fell
twenty years before his mermaid:
an Arctic mercy.
In 1962,
off Cape Navarin, far to the north,
a pod of black giants perplexed
a whaling ship. Science
helter-skeltered from Moscow.
You can’t fast-net an echo.
Die Meerjungfrauen von Brobdingnag
Es war der Traum eines jeden Zoologen.
In diesem Land aus Eis und Fjorden,
der anderen Seite der Neuen Welt,
Sireniae, Seekühe,
die den Narwal in den Schatten stellen, groß wie Berge –
und hier war er, Georg Steller,
der sie aus der Taufe hob.
Während kühler Sonnenuntergänge im April,
da nur des Himmels gelbe Ockerfarbe
von Frühling sprach, sah er ihrem Paarungstanz zu,
fühlte ihr nach im Hin und Her beim Doppel-Ballett
mit ihrem Liebhaber, fang mich, fang mich nicht.
Sie schliefen sogar in Rückenlage. Er dachte:
„Wie wenig trennt uns.“
Doch was ißt man in Kamtschatka?
Wie hält man sich warm?
Er zog aus mit den Jägern.
Die Einzelheiten rissen ihm das Herz heraus:
der gewaltige Fanghaken, die Stricke,
das Schlagen und die verzweifelte
Ergebenheit des Männchen,
„selbst noch, als sie tot war“,
wie er es der reinen weißen Seite anvertraute
(das Fett brannte ohne Rauch).
In Europa verfaßte er eine Bittschrift.
Die ungeheure Ausdehnung Sibiriens
trat dazwischen. Er ging
zwanzig Jahre vor seiner Meerjungfrau zugrunde:
er, ein Segen der Arktis.
Im Jahre 1962
hat beim Kapp Navarin, hoch im Norden,
eine Schule von dunklen Riesen ein Walschiff
in Staunen versetzt. Wissenschaft
aus Moskau: holterdiepolter.
Ein Echo läßt sich nicht mit Netzen fangen.
Anmerkungen zum Verständnis:
Titel: „Brobdingnag“ heißt das Land in Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“, in dem der Protagonist alle Dinge ins Riesenhafte vergrößert wahrnimmt.
Der deutsche Naturforscher Georg Wilhelm Steller nahm in den Jahren 1737 bis 1743 an der zweiten Expedition zur fernöstlichen russischen Halbinsel Kamtschatka unter Leitung des dänischen Kapitäns Vitus Bering teil, nach dem die Bering-Insel und die Bering-Straße benannt sind. Steller verfaßte ein naturkundliches Werk über die botanischen und zoologischen Funde und Entdeckungen, die er während der Expedition machte. Neben den nach ihm benannten Tieren wie dem Diadem-Häher oder dem Stellerschen Seelöwen beschrieb er als erster die Seekuh (Sirenia), die bald darauf im Zuge massiver Bejagung durch Pelztierjäger (zu Nahrungszwecken) ausgestorben ist. Steller ist während der Rückreise von Kamtschatka im sibirischen Winter 1746 im Alter von 36 Jahren an den Folgen der jahrelangen Strapazen seines abenteuerlichen Forscherlebens verstorben.
Siehe auch:
www.luxautumnalis.de/die-seekuh/
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