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Rabindranath Tagore, Stray Birds 161–200

01.10.2018

161

The cobweb pretends to catch dew-drops and catches flies.

162

Love! when you come with the burning lamp of pain in your hand, I can see your face and know you as bliss.

163

“The learned say that your lights will one day be no more.” said the firefly to the stars.
The stars made no answer.

164

In the dusk of the evening the bird of some early dawn comes to the nest of my silence.

165

Thoughts pass in my mind like flocks of ducks in the sky.
I hear the voice of their wings.

166

The canal loves to think that rivers exist solely to supply it with water.

167

The world has kissed my soul with its pain, asking for its return in songs.

168

That which oppresses me, is it my soul trying to come out in the open, or the soul of the world knocking at my heart for its entrance?

169

Thought feeds itself with its own words and grows.

170

I have dipped the vessel of my heart into this silent hour; it has filled with love.

171

Either you have work or you have not.
When you have to say, “Let us do something,” then begins mischief.

172

The sunflower blushed to own the nameless flower as her kin. The sun rose and smiled on it, saying, “Are you well, my darling?”

173

“Who drives me forward like fate?”
“The Myself striding on my back.”

174

The clouds fill the watercups of the river, hiding themselves in the distant hills.

175

I spill water from my water jar as I walk on my way.
Very little remains for my home.

176

The water in a vessel is sparkling; the water in the sea is dark. The small truth has words that are clear; the great truth has great silence.

177

Your smile was the flowers of your own fields, your talk was the rustle of your own mountain pines, but your heart was the woman that we all know.

178

It is the little things that I leave behind for my loved ones,– great things are for everyone.

179

Woman, thou hast encircled the world’s heart with the depth of thy tears as the sea has the earth.

180

The sunshine greets me with a smile. The rain, his sad sister, talks to my heart.

181

My flower of the day dropped its petals forgotten.
In the evening it ripens into a golden fruit of memory.

182

I am like the road in the night listening to the footfalls of its memories in silence.

183

The evening sky to me is like a window, and a lighted lamp, and a waiting behind it.

184

He who is too busy doing good finds no time to be good.
185

I am the autumn cloud, empty of rain, see my fulness in the field of ripened rice.

186

They hated and killed and men praised them.
But God in shame hastens to hide its memory under the green grass.

187

Toes are the fingers that have forsaken their past.

188

Darkness travels towards light, but blindness towards death.

189

The pet dog suspects the universe for scheming to take its place.

190

Sit still my heart, do not raise your dust.
Let the world find its way to you.

191

The bow whispers to the arrow before it speeds forth–”Your freedom is mine.”

192

Woman, in your laughter you have the music of the fountain of life.

193

A mind all logic is like a knife all blade.
It makes the hand bleed that uses it.

194

God loves man’s lamp lights better than his own great stars.

195

This world is the world of wild storms kept tame with the music of beauty.

196

“My heart is like the golden casket of thy kiss,” said the sunset cloud to the sun.

197

By touching you may kill, by keeping away you may possess.

198

The cricket’s chirp and the patter of rain come to me through the dark, like the rustle of dreams from my past youth.

199

“I have lost my dewdrop,” cries the flower to the morning sky that has lost all its stars.

200

The burning log bursts in flame and cries,–”This is my flower, my death.”

 

Verirrte Vögel 161–200

161

Das Spinnweb gibt vor, Tautropfen zu fangen, doch es fängt Fliegen.

162

Wenn du, Liebe, mit der brennenden Lampe des Schmerzes in deiner Hand nahst, kann ich dein Gesicht sehen und weiß in dir das Glück.

163

„Die Gelehrten sagen, euer Licht sei eines Tages erloschen“, sagte das Glühwürmchen zu den Sternen. Die Sterne blieben stumm.

164

In der Abenddämmerung kommt der Vogel manch eines Morgenrots in das Nest meines Schweigens.

165

Die Gedanken schweben durch meinen Geist wie Entenscharen am Himmel.
Ich höre das Rauschen ihrer Flügel.

166

Der Kanal liebt den Gedanken, die Flüsse seien nur dazu da, ihn mit Wasser zu versorgen.

167

Die Welt hat meine Seele mit ihren Schmerzen geküßt und erbat sich Lieder dafür.

168

Ist, was mich bedrückt, meine Seele, die nach draußen zu gelangen sucht, oder die Seele der Welt, die an das Tor meines Herzens klopft?

169

Der Gedanke nährt sich selbst mit eigenen Worten und reift heran.

170

Ich habe das Gefäß meines Herzens in diese stille Stunde getaucht; es hat sich mit Liebe gefüllt.

171

Entweder hast du Arbeit oder nicht.
Hast du welche, dann fängt das Unheil an, wenn du sagst: „Laß uns etwas unternehmen.“

172

Die Sonnenblume errötete, als sie die namenlose Blume als ihre Verwandte ansehen mußte. Die Sonne ging auf, lächelte ihr zu und sprach: „Geht es dir gut, mein Liebling?“

173

Wer treibt mich voran wie das Schicksal?
Mein Selbst, das hinter mir geht.

174

Die Wolken füllen die Becher des Flusses und verstecken sich hinter den fernen Hügeln.

175

Ich verschütte auf meinem Weg das Wasser aus meinem Krug.
Für zu Hause bleibt nicht viel übrig.

176

Das Wasser in der Schale glitzert; das Wasser im Meer ist dunkel. Die kleine Wahrheit findet Worte, die klar sind; die große Wahrheit hüllt sich in großes Schweigen.

177

Dein Lächeln war die Blume auf deinen Feldern, dein Wort das Rauschen der Kiefern auf deinen Bergen, doch dein Herz war die Frau, die wir alle kennen.

178

Die kleinen Dinge lasse ich für die Meinen zurück – die großen gehören allen.

179

Du hast, Frau, das Herz der Welt mit der Tiefe deiner Tränen umfangen wie das Meer die Erde.

180

Der Sonnenschein grüßt mich mit einem Lächeln. Der Regen, seine traurige Schwester, spricht zu meinem Herzen.

181

Meine Blume des Tages ließ ihre Blüten ins Vergessen fallen.
Am Abend reift sie heran zu einer goldenen Frucht der Erinnerung.

182

Ich bin wie der Weg in der Nacht, der den Schritten der Erinnerung lauscht, die in der Stille verhallen.

183

Der Abend ist mir wie ein Fenster und eine leuchtende Lampe und jemand, der hinter ihr wartet.

184

Wer sich im Guttun überhastet, findet keine Zeit, gut zu sein.

185

Ich bin die herbstliche Wolke, die sich leer geregnet hat, und erblicke meine Erfüllung im reifenden Reis der Felder.

186

Sie haßten und töteten und die Leute priesen sie.
Aber Gott vergräbt vor Scham ihr Gedächtnis eilig unter dem grünen Gras.

187

Zehen sind Finger, die ihre Vergangenheit hinter sich gelassen haben.

188

Dunkelheit zieht dem Licht entgegen, doch Blindheit dem Tod.

189

Der Schoßhund mißtraut dem Universum, als ob es seinen Platz einnehmen wolle.

190

Verharre still, mein Herz, wirble deinen Staub nicht auf.
Laß die Welt ihren Weg zu dir finden.

191

Der Bogen flüstert dem Pfeil zu, bevor er losschnellt: „Deine Freiheit ist meine Freiheit.“

192

Du hast, Frau, in deinem Lachen die Musik der Quelle des Lebens.

193

Ein Geist aus nichts als Logik ist wie ein Schwert aus nichts als der Klinge.
Die Hand, die es gebraucht, schneidet sich daran.

194

Gott liebt die Lampenlichter der Menschen mehr als seine eigenen großen Sterne.

195

Diese Welt ist die Welt wilder Stürme, gezähmt von der Musik der Schönheit.

196

„Mein Herz ist der goldene Schrein für deinen Kuß“, sagte die Wolke im Abendschimmer zur Sonne.

197

Deine Nähe kann töten, deine Ferne Besitz ergreifen.

198

Das Gezwitscher der Grillen und das Geplapper des Regens dringen durch das Dunkel an mein Ohr wie das Rascheln der Träume von meiner fernen Jugendzeit.

199

„Ich habe meinen Tautropfen verloren“, schreit die Blume zum Morgenhimmel, der all seine Sterne verloren hat.

200

Der brennende Holzscheit birst in Flammen auseinander und schreit: „Dies ist meine Blüte, mein Tod.“

 

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