Rabindranath Tagore, Fireflies 51–80
51
Your calumny against the great is impious,
it hurts yourself;
against the small it is mean,
for it hurts the victim.
52
The first flower that blossomed on this earth
was an invitation to the unborn song.
53
Dawn—the many-coloured flower—fades,
and then the simple light-fruit,
the sun appears.
54
The muscle that has a doubt if its wisdom
throttles the voice that would cry.
55
The wind tries to take the flame by storm
only to blow it out.
56
Life’s play is swift,
Life’s playthings fall behind one by one
and are forgotten.
57
My flower, seek not thy paradise
in a fool’s buttonhole.
58
Thou hast risen late, my crescent moon,
but my night bird is still awake to greet thee.
59
Darkness is the veiled bride
silently waiting for the errant light
to return to her bosom.
60
Trees are the earth’s endless effort to
speak to the listening heaven.
61
The burden of self is lightened
when I laugh at myself.
62
The weak can be terrible
because they try furiously to appear strong.
63
The wind of heaven blows,
The anchor desperately clutches the mud,
and my boat is beating its breast against the chain.
64
The spirit of death is one,
the spirit of life is many,
When God is dead religion becomes one.
65
The blue of the sky longs for the earth’s green,
the wind between them sighs, ‘Alas.’
66
Day’s pain muffled by its own glare,
burns among stars in the night.
67
The stars crowd round the virgin night
in silent awe at her loneliness
that can never be touched.
68
The cloud gives all its gold
to the departing sun
and greets the rising moon
with only a pale smile.
69
He who does good comes to the temple gate,
he who loves reaches the shrine.
70
Flower, have pity for the worm,
it is not a bee,
its love is a blunder and a burden.
71
With the ruins of terror’s triumph
children build their doll’s house.
72
The lamp waits through the long day of neglect
for the flame’s kiss in the night.
73
Feathers in the dust lying lazily content
have forgotten their sky.
74
The flower which is single
need not envy the thorns
that are numerous.
75
The world suffers most from the disinterested tyranny
of its well-wisher.
76
We gain freedom when we have paid the full price
for our right to live.
77
Your careless gifts of a moment,
like the meteors of an autumn night,
catch fire in the depth of my being.
78
The faith waiting in the heart of a seed
promises a miracle of life
which it cannot prove at once.
79
Spring hesitates at winter’s door,
but the mango blossom rashly runs out to him
before her time and meets her doom.
80
The world is the ever-changing foam
that floats on the surface of a sea of silence.
Glühwürmchen 51–80
51
Den Großen zu schmähen ist lästerlich,
es verletzt euch selbst;
den Geringen zu schmähen ist erbärmlich,
es verletzt das Opfer.
52
Die erste Blume, die der Erde entsproß,
war eine Einladung an das ungeborene Lied.
53
Dämmerung, die vielfarbige Blume, verblaßt,
und die schlichte Frucht des Lichts,
die Sonne wird sichtbar.
54
Der Muskel, der seiner Weisheit nicht traut,
würgt den Ruf der Stimme ab.
55
Der Wind will die Flamme im Sturm erobern
und bläst sie aus.
56
Das Spiel des Lebens ist schnell,
seine Spielsachen läßt es fallen, eins nach dem anderen,
schon sind sie vergessen.
57
Suche, meine Blume, dein Paradies nicht
im Knopfloch eines Narren.
58
Spät bist du, wachsender Mond, aufgegangen,
doch meine Nachtigall ist schon wach, um dich zu begrüßen.
59
Die Dunkelheit ist die verschleierte Braut,
die still auf das irrende Licht wartet,
das zurückkehrt in ihren Schoß.
60
Die Bäume sind die endlosen Mühen der Erde,
dem Himmel ins Ohr zu reden.
61
Die Bürde des Ich wird leichter,
wenn ich über mich selbst lache.
62
Die Schwachen können furchtbar sein,
indem sie wütend versuchen, stark zu erscheinen.
63
Der Wind des Himmels weht,
der Anker klammert sich verzweifelt an den Schlamm,
und mein Boot schlägt die Brust gegen die Kette.
64
Es gibt nur einen Geist des Todes,
doch viele Geister des Lebens,
bleibt nur eine Religion, ist Gott tot.
65
Das Blau des Himmels sehnt sich nach dem Grün der Erde,
zwischen ihnen seufzt der Wind: „Ach!“
66
Der Schmerz des Tages, der sich in sein grelles Licht hüllte,
glimmt des Nachts unter Sternen.
67
Die Schar der Sterne umgibt die jungfräuliche Nacht
in stummer Scheu vor ihrer Einsamkeit,
die keiner je berührt.
68
Die Wolke schenkt all ihr Gold
der scheidenden Sonne
und grüßt den aufschwebenden Mond
mit einem fahlen Lächeln bloß.
69
Wer Gutes tut, kommt bis zum Tor des Tempels,
wer liebt, gelangt zum Schrein.
70
Hab, Blume, Mitleid mit dem Wurm,
er ist keine Biene,
seine Liebe ist blind und bedrückend.
71
Aus dem Schutt vom Triumph des Schreckens
bauen die Kinder ihr Puppenhaus.
72
Die Lampe wartet den Tag der Mißachtung lang
auf den Kuß der Flamme am Abend.
73
Federn liegen träg und zufrieden im Staub,
sie haben ihren Himmel vergessen.
74
Die Blume, die allein ist,
braucht nicht die Dornen zu beneiden,
die zahlreich sind.
75
Die Welt leidet am meisten unter der selbstlosen Tyrannei
der Wohlgesinnten.
76
Wir erlangen die Freiheit, wenn wir den vollen Preis
für unser Recht auf Leben bezahlt haben.
77
Deine leichtsinnigen Augenblicksgeschenke
fangen wie Kometen einer herbstlichen Nacht
Feuer in der Tiefe meines Seins.
78
Das Vertrauen, das im Herzen des Samenkorns wartet,
verspricht ein Wunder an Leben,
doch es kann es nicht auf einen Schlag hervorbringen.
79
Frühling zaudert am Tor des Winters,
doch die Mangoblüte bricht vor der Zeit
aus ihm hervor und findet ihr Verderben.
80
Die Welt ist der sich ewig wandelnde Schaum,
der über dem Meer des Schweigens dahintreibt.
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