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Rabindranath Tagore, Fireflies 181–220

10.10.2018

181

Day offers to the silence of stars
his golden lute to be tuned
for the endless life.

182

The wise know how to teach,
the fool how to smite.

183

The centre is still and silent in the heart
of an eternal dance of circles.

184

The judge thinks that he is just when he compares
the oil of another’s lamp
with the light of his own.

185

The captive flower in the King’s wreath
smiles bitterly when the meadow-flower envies her.

186

Its store of snow is the hill’s own burden,
its outpouring of streams is borne by all the world.

187

Listen to the prayer of the forest
for its freedom in flowers.

188

Let your love see me
even through the barrier of nearness.

189

The spirit of work in creation is there
to carry and help the spirit of play.

190

To carry the burden of the instrument,
count the cost of its material,
and never to know that it is for music,
is the tragedy of deaf life.

191

Faith is the bird that feels the light
and sings when the dawn is still dark.

192

I bring to thee, night, my day’s empty cup,
to be cleansed with thy cool darkness
for a new morning’s festival.

193

The mountain fir, in its rustling,
modulates the memory of its fights with the storm
into a hymn of peace.

194

God honoured me with his fight
when I was rebellious,
He ignored me when I was languid.

195

The sectarian thinks
that he has the sea
ladled into his private pond.

196

In the shady depth of life
are the lonely nests of memories
that shrink from words.

197

Let my love find its strength
in the service of day,
its peace in the union of night.

198

Life sends up in blades of grass
its silent hymn of praise
to the unnamed Light.

199

The stars of night are to me
the memorials of my day’s faded flowers.

200

Open thy door to that which must go,
for the loss becomes unseemly when obstructed.

201

True end is not in the reaching of the limit,
but in a completion which is limitless.

202

The shore whispers to the sea:
‘Write to me what thy waves struggle to say.’
The sea writes in foam again and again
and wipes off the lines in a boisterous despair.

203

Let the touch of thy finger thrill my life’s strings
and make the music thine and mine.

204

The inner world rounded in my life like a fruit,
matured in joy and sorrow,
will drop into the darkness of the original soil
for some further course of creation.

205

Form is in Matter, rhythm in Force,
meaning in the Person.

206

There are seekers of wisdom and seekers of wealth,
I seek thy company so that I may sing.

207

As the tree its leaves, I shed my words on the earth,
let my thoughts unuttered flower in thy silence.

208

My faith in truth, my vision of the perfect,
help thee, Master, in thy creation.

209

All the delights that I have felt
in life’s fruits and flowers
let me offer to thee at the end of the feast,
in a perfect union of love.

210

Some have thought deeply and explored the
meaning of thy truth,
and they are great;
I have listened to catch the music of thy play,
and I am glad.

211

The tree is a winged spirit
released from the bondage of seed,
pursuing its adventure of life
across the unknown.

212

The lotus offers its beauty to the heaven,
the grass its service to the earth.

213

The sun’s kiss mellows into abandonment
the miserliness of the green fruit clinging to its stem.

214

The flame met the earthen lamp in me,
and what a great marvel of light!

215

Mistakes live in the neighbourhood of truth
and therefore delude us.

216

The cloud laughed at the rainbow
saying that it was an upstart
gaudy in its emptiness.
The rainbow calmly answered,
‘I am as inevitably real as the sun himself.’

217

Let me not grope in vain in the dark
but keep my mind still in the faith
that the day will break
and truth will appear
in its simplicity.

218

Through the silent night
I hear the returning vagrant hopes of the morning
knock at my heart.

219

My new love comes
bringing to me the eternal wealth of the old.

220

The earth gazes at the moon and wonders
that she should have all her music in her smile.

 

Glühwürmchen 180–220

181

Der Tag taucht seine goldene Laute
in das Schweigen der Sterne, auf daß sie gestimmt werde
auf das immerwährende Leben.

182

Die Weisen wissen zu lehren,
die Narren totzuschlagen.

183

Der Mittelpunkt verharrt schweigend im Herzen
eines ewigen Tanzes von Kreisen.

184

Der Richter glaubt, gerecht zu sein,
wenn er das Öl einer Lampe
mit dem Licht seiner eigenen vergleicht.

185

Die im Kranz des Königs gefangene Blume
lächelt bitter, wenn die Wiesenblume sie beneidet.

186

Die Halde von Schnee ist des Berges eigene Last,
seine herabspringenden Bäche sind die Kinder der ganzen Welt.

187

Lausche dem Beten des Waldes
um Freiheit in seinen Blumen.

188

Laß deine Liebe mich erblicken,
selbst durch das Gitter der Nähe.

189

Der Geist der schöpferischen Arbeit dient dazu,
den Geist des Spiels zu befördern.

190

Die Last des Instrumentes zu schleppen,
die Kosten seines Materials zu berechnen
und nicht darauf zu kommen, daß man Musik damit macht,
ist die Tragik des tauben Lebens.

191

Glaube ist der Vogel, der das Licht fühlt
und in der Frühe singt, wenn es noch dunkel ist.

192

Ich bringe, Nacht, dir meinen leeren Becher,
auf daß er gereinigt werde von deinem kühlen Dunkel
für eine neue Morgenfeier.

193

Die Bergkiefer verwandelt in ihrem Rauschen
die Erinnerung an ihre Kämpfe mit dem Sturm
in einen Hymnus auf den Frieden.

194

Gott ehrte mich mit seinem Kampf,
als ich widerspenstig war,
Er mißachtete mich in meiner Lauheit.

195

Der Sektierer wähnt,
er habe das Meer
in seinen Gartenteich geschöpft.

196

In der schattigen Tiefe des Lebens
schweben die einsamen Nester der Erinnerung,
die zurückschrecken vor dem Wort.

197

Laß meine Liebe ihre Stärke finden
im täglichen Dienst,
ihren Frieden in der Vereinigung der Nacht.

198

Das Leben reckt in Grashalmen
seinen stummen Lobgesang
ans namenlose Licht empor.

199

Die Sterne der Nacht sind mir
Denkmäler meiner verblaßten Blumen des Tags.

200

Öffne deine Tür jenem, der scheiden muß,
denn was verloren ging, soll man nicht halten.

201

Das wahre Ziel erreicht man nicht an der Grenze,
sondern in der Vollendung, die keine Grenze kennt.

202

Die Küste flüstert dem Meer zu:
„Schreibe mir, was deine Wogen zu sagen sich mühen.“
Das Meer schreibt wieder und wieder in Schaum
und wischt die Zeilen in wilder Verzweiflung aus.

203

Die Berührung deiner Finger lasse meines Lebens Saiten erzittern,
und das Lied sei deines und meines.

204

Die innere Welt, wie eine Frucht gerundet in meinem Leben,
in Freude gereift und Kummer,
will in das Dunkel der heimatlichen Erde fallen,
um einen neuen Kreislauf der Schöpfung zu beginnen.

205

Form ist in der Materie, Rhythmus in der Kraft,
Sinn in der Person.

206

Die einen sind auf der Suche nach Weisheit, die anderen nach Reichtum,
ich suche nach deiner Nähe, auf daß ich singen mag.

207

Wie der Baum seine Blätter, so schütte ich meine Worte auf die Erde,
laß meine unausgesprochenen Gedanken in deinem Schweigen blühen.

208

Mein Vertrauen in die Wahrheit, meine Vision der Vollkommenheit,
komm, Meister, in deiner Schöpfung dir zuhilfe.

209

All die Freuden, die ich erfuhr
in den Früchten und Blumen des Lebens,
laß sie mich dir reichen am Ausgang der Feier
zum Zeichen innigsten Liebesbunds.

210

Manche haben tief gedacht und nach dem Sinn
der Wahrheit geforscht
und sie sind groß;
ich habe dem Spiel deiner Weisen gelauscht
und ich bin froh.

211

Der Baum ist ein geflügelter Geist,
befreit von der Fessel des Samens
strebt er nach dem Abenteuer des Lebens
im Unbekannten.

212

Der Lotus bringt seine Schönheit dem Himmel dar,
das Gras seinen Dienst der Erde.

213

Der Kuß der Sonne erweicht den Geiz der grünen Frucht,
die sich an ihren Stamm klammert, zur Hingabe.

214

Die Flamme fand die irdene Lampe in mir,
und welch ein Wunder aus Licht!

215

Irrtümer sind die Nachbarn der Wahrheit
und deshalb führen sie uns hinters Licht.

216

Die Wolke lacht über den Regenbogen,
sie hält ihm vor, er sei ein Emporkömmling,
buntscheckig vor Leere.
Der Regenbogen antwortet gelassen:
„Ich bin so notwendig da wie die Sonne selbst.“

217

Lass mich nicht umsonst im Dunkeln tappen,
sondern halte in mir den Glauben wach,
daß der Tag anbrechen
und die Wahrheit in ihrer Einfachheit
erscheinen wird.

218

Ich höre in der stillen Nacht,
wie die herumirrenden Hoffnungen des Morgens heimkehren
und an mein Herz klopfen.

219

Meine neue Liebe kommt
und bringt mir den unvergänglichen Reichtum der alten.

220

Die Erde blickt zum Mond und ist überrascht,
daß er all seine Musik in seinem Lächeln birgt.

 

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