Preislieder auf das gewöhnliche Leben X
Gepriesen sei der Nippes,
Maskottchen und Figürchen,
Rehlein, Zicklein, Schäfchen,
all die Püppchen, ausgeziert mit Kleidern,
Hütlein und Kravättchen,
artig und manierlich aufgereiht
auf Stellagen, Anrichten und Borden
aus Blech und Edelholz.
Gepriesen sei der Nippes,
dieweil er uns an die Penaten,
Hausgötter der antiken Küche stets gemahnt,
die unter frommer Obhut der Matrona
auf den Simsen des Familienaltars
bei der Vesta ewiger Flamme prangten –
dort wo auch die Gipsabdrücke
der Ahnen hingen an der Wand –
die trugen dem Leichenzug voran
feierlich die Hinterbliebenen.
Gepriesen sei der Nippes,
die Püppchen und die Tierchen,
Hühnchen, Hundilein und Bärchen,
Häschen oder Vögelchen
aus Stoff und Ton,
aus Marzipan und Schokolade,
die sich Verliebte einander eignen zu
als lächelnde Gesichter, Totemmasken,
Allegorien ihres Liebeskults –
Trophäen einer heißen Jagd
nach großen, tiefen, süßen, leisen Augenblicken,
die Amor ihnen blindlings trifft.
Gepriesen sei der Nippes,
Engel, Putten, Plastikrosen,
abgebrochne Säulen, schwarze Mamorkugeln
oder seltsam leere Andachtsschalen,
die auf Gräbern stehen,
um Totenstätten traumesdunkel schweben –
sie seien Zeichen uns, dass die Seele lebt,
der Trauernden und so wir liebend glauben,
der Betrauerten.