Preislieder auf das gewöhnliche Leben IX
Gepriesen sei das Kissen
mit Blumen- oder Streifenmuster,
das dein wartet Tag und Nacht,
wo du versinken magst
in einer warmen Düne Kosen –
und sind dir Augen bloß,
aus unsichtbaren Gräsern lugend.
Gepriesen sei das Kissen,
das Großmutter aufgeschüttelt
und dir unter deinen Po gequetscht hat,
auf dass an Höhe mit den Großen du gewannst
und beim Mittagsmahl
klirrend-schlürfend
die sämige Kartoffelsuppe löffeln konntest.
Gepriesen sei das Daunenkissen,
das der Geliebte kühn dir unterschob,
um deinen Liebeswald emporzuwandern
auf kecker Suche nach kussbestäubten Pilzen
oder auch die rote Venusblüte aufzupflücken
und sie zwischen seinen Blecke-Zähnen,
warm geseufzt,
dir auf den Mund zu lallen.
Gepriesen sei das Kissen,
in weißes, frisch gestärktes Linnen eingeschlagen,
das, ein verschneiter Grabeshügel,
du dem spatzenzarten Haupt der Mutter unterbreitet hast,
auf dass durchs schmale Fenster im Hospiz
ihr Abschiedsblicke, Ankunftsblicke
wären wohl vergönnt
auf den Vater Rhein.
Gepriesen sei das Kissen
von Moos und Flechten schwellend
und Tannennadeln und Gewürm,
auf das ich einst nach morgenfrohem Aufstieg
von Koblenz-Stolzenfels
beim Tempel des Mercurius
den Wusel-Kopf, einen Bienenkorb
voll Sehnsuchtssummen,
dichterisch gebettet –
liebeslinkisch-lebensscheu.