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Philosophieren XXXII

22.08.2013

Wenn, was du sagen willst und sagen kannst, vollständig durch die Abgegrenztheit des Redegegenstandes, die Transparenz der Erwartungen deines Gesprächspartners, die Eindeutigkeit der Redesituation und die Bestimmtheit deiner Redeabsicht determiniert ist, wird deine Äußerung klar und unmissverständlich sein.

Du hast einen Arzttermin, weil du seit Tagen von einem Unwohlsein betroffen bist und leichte Schwindelanfälle dich beunruhigen. Dein Hausarzt begrüßt dich freundlich, heißt dich Platz nehmen und fragt dich nach deinen Beschwerden. Du hast sie ihm geschildert, der Arzt nimmt eine Routineuntersuchung vor, wobei er auch den Blutdruck mittels eines Blutdruckmessgerätes misst. Er konstatiert einen ziemlich überhöhten Blutdruck und zieht aus diesem Befund die Schlussfolgerung: „Sie leiden unter Bluthochdruck. Ihre Schwindelanfälle gehen auf diesen Umstand zurück. Ich verordne Ihnen ein blutdrucksenkendes Mittel.“

Die körperlichen Symptome, unter denen du leidest, sind der abgegrenzte Gegenstand der Rede. Du erwartest vom Arzt eine korrekte Diagnose und ein Therapieangebot, zum Beispiel in Form der Verordnung eines Medikaments. Der Arzt erwartet von dir die möglichst genaue Angabe und Beschreibung der in Rede stehenden Symptome. Die Erwartungen beider Redepartner sind füreinander transparent. Die Redesituation ist eindeutig umrissen und determiniert: Es handelt sich um einen Arzttermin und eine ärztliche Konsultation. Deine Absicht, mit dem Arzt zu reden, besteht aus zwei Teilen oder Momenten: der Erwartung einer Aufklärung über die Herkunft oder Ursache deiner Beschwerden und der Hoffnung, eine Therapie oder ein Medikament verordnet zu bekommen, das sie lindert oder beseitigt. Die in diesem Falle getätigten Äußerungen sind auf beiden Seiten klar und unmissverständlich.

Der Gegenstand der Rede ist abgegrenzt, wenn du mit einer Zeigegeste, einer Deixis, darauf hinweisen kannst und deinem Gesprächspartner mittels Benennung des Gezeigten zu verstehen gibst, was du meinst. Auf dein Unwohlsein und deine Schwindelgefühle kannst du allerdings nicht zeigen, um dem Arzt vor Augen zu führen, worüber du mir ihm reden willst. Indes macht das nichts, wie unsere Redesituation erwiesen hat: Unsere Sprache ist mächtig genug und verfügt über ein reichhaltiges Vokabular, das auch Namen und Begriffe für nicht zeigbare, nicht wahrnehmbare oder abstrakte Gegenstände umfasst wie schwarze Löcher, Zahlen, Aktiengesellschaften und die meisten anderen Institutionen oder eben dein Unwohlsein und andere Gefühle.

Kann man auf Schmerzen zeigen? Du kannst dem Arzt sagen „Ich leide unter Bauchweh, Kopfschmerzen, Gliederreißen“ und dabei jeweils auf das Körperteil zeigen, in dem du Schmerzen verspürst. Aber auch wenn du deine Schmerzen nicht lokalisieren kannst und du dich in einem Zustand völliger Erschöpfung und Zerschlagenheit fühlst und etwa sagst „Mir tut alles weh“, wird dein Gesprächspartner die Absicht deiner Mitteilung, ihn über deine körperliche Verfassung ins Bild zu setzen, nicht verfehlen. Demnach können wir Schmerzen klar und unmissverständlich bezeichnen und sie unter die abstrakten Gegenstände rechnen, auch wenn sie dir im Konkreten so sehr auf den Leib rücken.

Wenn du mir sagst, dass du am Portikus auf mich wartest, gehe ich nicht davon aus, dass du vor der ersten Säule stehst, wenn ich zu dir stoße. Gleichgültig vor oder hinter welcher Säule oder zwischen welchen Säulen du immer dich aufhalten magst, meine Erwartung wird nicht enttäuscht, wenn du hinter der zweiten Säule stehst, auch wenn ich dich hinter der dritten vermutete. Angaben über Orte und zeitliche Dauern haben oft nicht den genauen Wert der Abgrenzung von Gegenständen, auf die wir zeigen oder die wir durch ein Appellativum mit Demonstrativum wie „dieser Tisch“ aus der Umwelt herausgreifen können. Dennoch funktionieren Mitteilungen dieser Art ganz gut, so dass wir auch solche Angaben zu den abgegrenzten Gegenständen der Rede zählen können. Deine Absicht, mich am Portikus zu treffen, scheitert jedenfalls nicht an der Vagheit der Ortsangabe.

Sie könnte allerdings daran scheitern, dass du meine Erwartungen nicht überblickst oder sie verkennst: Du weißt vielleicht nicht oder hast vergessen, dass mir der Portikus ein ominöser Ort ist, den ich wegen daselbst mir widerfahrener Erlebnisse, die ich gerne hätte missen mögen, meide. Auch wenn der Gegenstand der Rede, der Ort unseres Treffens, abgegrenzt, die Redesituation eindeutig eine Verabredung und deine Absicht, dich mit mir zu verabreden, klar bestimmt ist, könnte in diesem Falle die Verwirklichung deiner Absicht daran scheitern, dass unsere gegenseitigen Erwartungen nicht transparent füreinander sind.

Wäre ich ein schlichtes Gemüt, dränge ich nicht weiter in dich, sondern setzte meine Missgefühle bezüglich des Portikus hintan, um dennoch ein mir liebes Treffen mit dir zu ermöglichen. Also sagte ich etwa: „Nichts tue ich lieber, als mich mit dir zu verabreden. Nur lass uns einen anderen Ort für unser Treffen finden!“

Nun liegt mein Gemüt aber in vielen Falten und kitzelt manchmal Erwartungen und Befürchtungen aus mir heraus, die über das Ziel hinausschießen, oder insinuiert mir Erwartungen und Befürchtungen hinsichtlich Dingen, die wiederum tief in den Falten deines Gemüts verborgen liegen. So könnte ich denken: „Sie hat den ominösen Ort absichtlich oder unwillkürlich gewählt, um mich hinsichtlich der Tiefe und Stichhaltigkeit meiner Neigung zu ihr auf die Probe zu stellen. Halte ich stand und schlage ein, wertet sie dies als gutes Zeichen dafür, dass meine Neigung zu ihr meine Abneigung gegen den bösen Ort überwiegt. Sträube ich mich und komme ihr mit einem Gegenvorschlag, wertet sie dies als schlechtes Zeichen und zählt meine Neigung zu ihr zu den Leichtgewichten oder Umfallern vor jeder mittleren Böe. Also tue ich ihr die Liebe und verbeiße meinen Widerwillen. Aber wird sie nicht meine Verbissenheit mir leicht anmerken, wenn wir uns wirklich an dem ominösen Ort sehen? Wird sie dann nicht meine Unaufrichtigkeit geradezu riechen? Also ist es am Ende doch besser, das Risiko einzugehen und einen Gegenvorschlag zum Ort unserer Verabredung zu machen!“

Wir sind am Endpunkt dort angelangt, wo das schlichte Gemüt längst schon ist – und mit welchen Windungen und Umwegen! Du erwartest, dass du deine Absicht, mich am Portikus zu treffen, ohne Einreden und Bedenklichkeiten meinerseits in die Tat umsetzen kannst. Meine Erwartung hinsichtlich deiner Absicht, mich an diesem Ort zu sehen, ist zwiespältig. Unsere beiderseitigen Erwartungen sind füreinander nicht so hinreichend transparent, dass einer Erfüllung deiner Absicht nichts im Wege stünde, sondern sie überkreuzen sich derart, dass ein Scheitern deiner Absicht nicht ausgeschlossen werden kann. Denn wenn wir uns am Ende nicht am Portikus, sondern woanders treffen, blieb deine Absicht, mich am Portikus zu treffen, ohne Erfüllung.

Wäre indes meine Abneigung gegen den Ort, an dem mir Übles widerfuhr, längst zergangen und von besseren Erlebnissen daselbst überwuchert worden, säßest du einem Missverständnis auf, wenn du glaubtest, mich mit dem Vorschlag, uns am Portikus zu treffen, auf die Probe stellen zu können. Mein zag- und fragloses Einschlagen könntest du als Höchstmaß an Neigung für dich deuten, die alles Widrige längst aus dem Weg geräumt hätte. Dann lägest du mit der Wertung meiner neuen Unbefangenheit als Zeichen großer Leidenschaft falsch und deine Erwartung läge überkreuz mit meiner Erwartung. Aber siehst du, jetzt könnte ich auch bei nur geringer Neigung zu dir, mir nichts dir nichts mich mit dir an diesem Ort treffen. Deshalb wäre es mir gleichgültig, ob wir uns an diesem oder einem anderen Ort sehen. Und weil mich der Hafer sticht, schlage ich dir unverblümt vor, uns an einem anderen Ort zu treffen. Wieder waren unsere beiderseitigen Erwartungen füreinander nicht transparent genug, um deine Absicht, mich an einem bestimmten Ort zu treffen, ins Werk zu setzen.

Wenn du bei deinem Hausarzt dich darüber beklagst, dass dein Telefon abgehört wird und aus dem Fernseher dir Stimmen Befehle zu widerwärtigen Taten zuraunen, wirst du deine Absicht, einem Arzt deine Beschwerden mitzuteilen und aufgrund einer korrekten Diagnose Hilfe in Form einer Therapie oder der Verordnung eines Medikamentes zu erhalten, nicht erfolgreich in die Tat umsetzen können, weil er dich stante pede mit einer Überweisung zum Facharzt für psychiatrische Erkrankungen schicken wird. Erst dort kommt der geregelte Lauf der Dinge in Gang. Hier handelt es sich um das Verfehlen der richtigen Redesituation.

Wenn du bei unserem nächsten Treffen wie aus der Pistole geschossen einen kaltschnäuzigen Ton anschlügest, mir mit schamlosen Anspielungen die Hölle heiß machtest oder lauthals gähnend und Löcher in die Luft guckend meiner Rede folgtest, käme ich hoffentlich bald darauf, dass einer von uns oder wir beide uns in der korrekten Einschätzung der gegebenen Redesituation geirrt haben müssen. Ich würde annehmen, dass meine bisherige Einschätzung unserer Situation als Annäherung an eine leidenschaftliche Liebe entweder falsch war oder wenn sie richtig war, jetzt nicht mehr richtig ist und sich dein Sinn und deine Haltung schlagartig gewandelt haben. Ich würde weiterhin grübeln, inwiefern und durch welche schwerwiegende Tat der Grenzverletzung und Versehrung deiner Integrität ich mir diesen argen Sinneswandel eingebrockt haben könnte und ob es irgend möglich sei, die entstandene hässliche Beule durch sanfte, schonende und liebevolle Behandlung auszubügeln.

Wenn du aber mit deinem sonderbaren Betragen nicht dies von mir erwartest, sondern dir etwa gesagt hast: „Rein mit Küssen und Schöntun ist es nicht getan, damit wird er mir nicht vollends weich und zugetan. Also kehren wir den Teppich um und zeigen mal die Krallen des schnurrigen Kätzchens: Wenn er diese Lektion schluckt, gehört er mir mit Haut und Haar!“, dann lägen auch in diesem Falle unsere beidseitigen Erwartungen überkreuz und wären füreinander nicht transparent genug, mit der leidigen Folge, dass du deine Absicht, unsere Verbindung durch solch exotische Maßnahmen zu vertiefen, nicht mit Erfolg verwirklichen könntest.

Wenn der Prediger von der Kanzel Flüche ausstößt, der Arzt den Patienten um Rat fragt, der Vater sich vom Sohn über Erziehungsprinzipien belehren lässt, der Lehrling den Meister anweist, der Lehrer sich vom Schüler Zensuren einholt, die Kassiererin die angezeigte Summe nicht fordert, sondern herausgibt, die Geliebte das Liebesgeständnis des Liebhabers mit Zynismen quittiert – bei all diesen Formen der „verkehrten Welt“ handelt es sich um Missverständnisse, durchkreuzte Erwartungen und vereitelte Absichten, die sich aus der Verkennung, Verwechslung oder Pervertierung der Redesituation ergeben.

Wenn es für deinen Partner unklar ist, was du willst, welche Absichten du hegst, was du im Schilde führst, wenn es dir also an Bestimmtheit der Absicht mangelt, droht dir wiederum die Gefahr, missverstanden oder überhaupt nicht verstanden zu werden. Du möchtest spazieren gehen und sagst etwa: „Schau mal, die Sonne scheint!“ oder „Ist es nicht schön geworden“, statt deine Absicht explizit zu machen mit Worten wie: „Schau mal, wie schön ist es geworden, lass uns ein wenig spazieren gehen!“ Ein Hinweis auf das schöne Wetter erregt bei deinem Gegenüber nicht ohne Weiteres den Wunsch spazieren zu gehen. Wenn du deine Absicht nicht mit genügender Bestimmtheit zum Ausdruck bringst, kann es nicht ausbleiben, dass du sie nicht in die Tat umsetzen kannst.

Wir sind beschränkte, irrtumsanfällige, verführ- und verwirrbare Lebewesen, für die eine Schwächung des Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Erinnerungsvermögens, des Willens, der Moral oder der seelischen Kraft die Verzerrung und Verzeichnung, Störung und Zerstörung der genannten wesentlichen Faktoren der Grundsituation unseres Redens und Tuns nach sich zieht.

Eine Schwäche oder Verzerrung der Wahrnehmung kann den anderen daran hindern, das von dir Gezeigte und Gemeinte zu erkennen. Ein Irrtum lässt den anderen glauben, was du nicht beabsichtigt hast. Er glaubt, der Portikus liege auf der anderen Mainseite, und schon wartest du vergeblich. Er hat deinen Geburtstag vergessen, und die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Ihre alte Schwäche, die Gesten seiner Neigung und Zärtlichkeit nicht ganz ernst zu nehmen, konnte sie mit bloßer Willensanstrengung nicht beheben. Er hatte nun mal dieses Elternhaus, da blieb nichts übrig, als seinen Hang zum Liederlichen, zur Unordnung, zum Schlendrian oder zur Unverbindlichkeit hinzunehmen oder ihn sich vom Leibe zu halten.

Die seelischen Störungen und Verstörungen sind gravierend hinsichtlich der Entstehung von Missverständnissen, wenn der offensichtlich vorliegende und gut abgegrenzte Gegenstand der Rede verkannt und falsch benannt oder seine Existenz in Abrede gestellt wird, wenn die Absicht des anderen abgeleugnet oder missdeutet wird und seine explizit gemachte oder implizit deutliche Erwartung willentlich oder zwanghaft enttäuscht wird, die jetzt relevante Situation des Redens und Tuns verwechselt oder mit einer anderen traumatisch an die Tür des Bewusstseins klopfenden überformt wird, wenn du schließlich deine wahre Absicht aus Scham und Furcht oder böser Lust, dein Gegenüber zu verwirren und zu quälen, so im Unklaren, Nebelhaften und Vagen belässt, dass es sie unmöglich verstehen und erraten kann oder gänzlich in die Irre und hinters Licht geführt wird.

Gute und schlechte Gefühle, abstrakte Gegenstände der Rede, wie wir wissen, gutes oder schlechtes Selbstgefühl können verkannt, falsch benannt oder verleugnet werden. Du sagst nicht „Ich fühle mich nicht gut, wenn du so etwas sagst oder tust“, sondern willst der unangenehmen Situation aus dem Wege gehen, indem du sagst „Es ist schön geworden, gehen wir spazieren!“. Du sagst nicht „Es tut mir leid, dass ich das getan habe“, sondern aus falscher Scham und Angst um deine Profilierung sagst du etwa „Qui sera, sera, lass uns nicht alte Wunden wieder aufreißen“. Am ärgsten treibst du es, wenn du schlicht leugnest, das und das gesagt oder getan zu haben. Es in Wahrheit gesagt oder getan zu haben und obendrein in Abrede zu stellen, es gesagt oder getan haben, zählt als doppelter Schuldposten und wird von deinem Gegenüber durch Entzug von Aufmerksamkeit, Achtung oder Liebe doppelt bestraft.

Do ut des ist auch das Gesetz, das den seelischen Haushalt der Erfüllung und Enttäuschung von beidseitigen Erwartungen regelt. Wenn du fortgesetzt die Erwartungen deines Partners nicht erfüllst, sondern sie entweder ignorierst oder sabotierst, wird er dir rechtens über kurz oder lang mit gleicher Münze heimzahlen. Du sagst „Es ist schön geworden, gehen wir spazieren“, während dein Gegenüber erwartet, ihr würdet die aktuelle Situation des Redens und Tuns fortsetzen, wie eine DVD anschauen, Geschichten erzählen, ein Spiel spielen oder intime Zärtlichkeiten austauschen. Es könnte passieren, dass dein feinfühliger Partner spürt, dass du mit deiner Äußerung eine Situation, die dir ungelegen oder gar unangenehm ist, beenden möchtest, ohne es direkt sagen zu wollen oder zu können, indem du es durch die Blume gesprochen andeutest. Während du die Erwartung deines Partners verleugnest, es euch weiterhin zwischen den weichen Kissen gütlich zu tun, könnte auf der anderen Seite dein Partner wiederum deine eigentliche Absicht, der dir ungelegenen oder unangenehmen Situation auszuweichen, verkennen und die von dir geäußerte Absicht, spazieren zu gehen, für bare Münze nehmen.

Wenn einer Aufmerksamkeit und Achtung, Hinwendung und Zuneigung ohne ein gerüttelt Maß aversiver Giftstoffe nicht freisetzen und zum Ausdruck geben kann oder umgekehrt eine aversive Grundhaltung zwanghaft mit attrahierenden oder erotischen Feinstoffen versetzen muss, sprechen wir von einer neurotischen Verbiegung der Persönlichkeit, die sich in der Redesituation durch Zweideutigkeit und ironische oder zynische Färbung des Geäußerten kundtut. Wenn du die zärtliche Geste des anderen gleichsam gähnend annimmst oder als Vorgesetzte den verhassten Kollegen zurechtweist und gleichzeitig den obersten Knopf deiner Bluse aufknöpfst, wenn du das geneigte Ohr deines Gegenüber mit Schmeichelworten streichelst und gleich danach mit Bösartigkeiten ätzt oder das scheue Gemüt deines Liebhabers mit obszönen Anekdoten von Abenteuern mit anderen gleichzeitig stimulierst und kastrierst, wirst du keine der Absichten, die du mit deinem Reden und Tun verknüpfst, wahr machen, weil sie sich in die Quere kommen, gegenseitig auslöschen oder neutralisieren.

Liebesleute sollten durch geheime Abreden, vertrauliche Abmachungen oder öffentliche Kundgabe die Situation ihres Redens und Tuns deklarieren, definieren und postulieren, auf dass nicht der eine denkt, es handle sich um Freundschaft, während der andere sich in Leidenschaft verzehrt, oder der eine meint, es handle sich um ein süßes Abenteuer, während der andere auf treue Bindung aus Liebe setzt. Wenn aber einer die deklarierte, definierte und postulierte Situation gemeinsamen Redens und Tuns durch Wiederholung einer traumatischen Situation der Vergangenheit wider Willen oder mit einer willensmäßiger Eigenmacht entzogenen Absicht überformen muss, wird er nicht umhin können, sein Gegenüber zu verletzen oder es so herauszufordern, dass sein kranker Wunsch, verletzt zu werden, in Erfüllung geht.

Einer verhehlt seine wahre Absicht aus Scham oder Furcht, wenn ihm der direkte Ausdruck und die ungescheute Verwirklichung der Absicht peinlich sind. Du engst deine Absicht, Intimität mit deinem Gegenüber aufzubauen und ihm näher zu kommen, auf die sexuelle Variante ein und redest ohne Scheu oder schlüpfrig daher, weil du dich deiner Gefühle und deiner Herzensneigung schämst und befürchtest, sie ungescheut deinem Gegenüber zu Füßen zu legen, könnte auf Ablehnung stoßen und dich verletzen. Damit verhehlst du nicht nur deine wahren Absichten, sondern verwirrst den anderen, indem du dich irritiert, nervös und gereizt zeigst, wenn er tut, was du zu erwarten vorgibst, nämlich auch seinerseits die Intimität des Gefühls abzubinden und fortzuscheuchen. So führst du dein Gegenüber durch Zweischneidigkeiten und Zweideutigkeiten hinters Licht und in die Irre, allwo er eines Tages auf Nimmerwiedersehen verschwinden wird.

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