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Miniaturen des Lebens XVI

18.01.2017

Der Schrank roch nach Mottenpulver
und Veilchen, Hemden, weiße, gestreifte,
Krawatten, die der Hand schmeichelten,
und hatten Farben lang verblühter Zeiten,
feine Hüte mit schwarzen Seidenbändern,
die heute niemand mehr zu tragen sich getraute,
und edle Anzüge, maßgeschneidert,
für das Maß eines zarten Lebens,
das von der Loge einer Operette winkte
oder ein Picknick machte mit Damen,
Rouge auf den Wangen, weißbestrumpften,
mit denen ihr Männlein artig gescherzt,
Handschuhe, gegerbtes Leder vom Hirsch,
und seidene Tücher, blumig gefleckt,
aprikosenfarben, erdbeer- und himbeerrötlich,
für dünnen Halses leicht erregbare Haut.
Spazierstöcke mit beinernem
oder hornig geschnörkeltem Griff,
für adrett beschwingte Gänge
durch herbstlich verklärte Alleen,
und die Hand zierlich darüber zu breiten,
wenn den weiß-blauen Strandkorb
lauer Abendwind blähte.
All dies wurde von groben Händen hastig
unter schmutzigem Lachen zusammengerafft,
und in Wäschekörbe gepackt,
dem Finderglück des kleines Mannes
zugedacht von der Caritas,
nachdem der verkrebste Besitzer
drei Tage im eigenen Kot gelegen hatte.

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