Kleine philosophische Lektionen I
1. Sinnvoll – sinnlos, wahr – falsch
Sätze wie:
„Die Sonne strahlt Wärme ab.“
„Pferde sind Säugetiere.“
„3 ist eine Primzahl.“
sind sowohl sinnvoll als auch wahr.
Sätze wie:
„Auf der Sonne schneit es.“
„Pferde sind Nagetiere.“
„4 ist eine Primzahl.“
sind sowohl sinnvoll als auch falsch.
Dagegen sind Sätze wie:
„Die Sonne ist wahnsinnig.“
„Pferde sind Edelsteine.“
„Die Primzahl 3 ist ein siamesischer Zwilling.“
einfach sinnlos und können deshalb weder wahr noch falsch sein.
Der letzte Satz ist eine Konjunktion aus einem sinnvollen wahren Satz: „3 ist eine Primzahl“ und einem sinnlosen Satz: „Die Zahl 3 ist ein siamesischer Zwilling“ Wenn du jetzt noch den ersten Teilsatz in einen falschen umwandelst, indem du sagst: „4 ist eine Primzahl“, wie könnte dann aus dem ganzen Satz und also aus doppelt gemoppeltem Unsinn etwas Wahres und Richtiges werden?
Sinnvoll sind Sätze, die Prädikatsausdrücke einem Subjektausdruck zuordnen, die zu dessen kategorialem Umfeld gehören. So ist Wärme eine Eigenschaft des solaren Seins, Säugetierhaftigkeit eine Eigenschaft des Pferdseins und Prim eine Eigenschaft der Zahl 3. Auch falsche Zuordnungen sind möglich und ergeben sinnvolle, wenn auch falsche Aussagen, wenn sie im selben kategorialen Feld vorgenommen werden. Die einfachste Art, falsche, wenn auch kategorial mögliche Zuordnungen zu erzeugen, erhält man durch Negation der wahren kategorialen Zuordnung: „Die Sonne strahlt keine Wärme ab“, „Pferde sind keine Säugetiere“ oder „3 ist keine Primzahl“.
Wenn wir mittels einer kleinen logischen Operation wie der Negation einen wahren Satz in einen falschen oder einen falschen in einen wahren Satz umformen können, wissen wir, dass es sich beides Mal um einen sinnvollen Satz handelt.
2. Wahrscheinlich – wahr
Wenn du in einem Haufen falscher Perlen, auf den immer mehr falsche Perlen geschüttet werden, die eine echte Perle finden willst, sinkt die Wahrscheinlichkeit, sie zu finden, mit der Anzahl der hinzugekommenen Perlen. Sie wird aber nie null, denn die eine echte Perle bleibt ja vorhanden.
Wenn durch einen chemischen Zusatz die falschen Perlen nach und nach aufgelöst würden, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, die echte Perle zu finden, mit der Anzahl der aufgelösten falschen Perlen. Sie würde genau 1, wenn alle falschen Perlen aufgelöst wären und vor deinen Augen die einzig echte Perle übrig bliebe.
So könnte man auch dem Begriff des Wahren mal auf andere Weise, vom Begriff des Wahrscheinlichen her, auf die Schliche kommen, wenn man sagt: Wenn die Wahrscheinlichkeit, das Falsche zu erwischen, auf null sinkt, hast du das Wahre gefunden – falls es denn vorhanden war.
Wenn unter drei Schachteln eine Perle versteckt ist, erwischst du sie spätestens, wenn du dreimal nachgeschaut hast. Wenn zwei, dann zweimal, wenn drei, dann sofort. Die Wahrscheinlichkeit ist demnach beim ersten Fall 1/3, beim zweiten 1/2, mein dritten 3/3, sprich 1. Wenn du von den drei Schachteln, unter denen eine Perle liegt, eine leere aufgedeckt hast, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, beim nächsten Aufdecken die Perle zu finden, von 1/3 auf 1/2, und wenn nochmals die leere Schachtel aufgedeckt wurde, von 1/2 auf 1, denn dann hast du sie zu 100 %. Es gibt hier keine Geheimnisse, es sei denn böse Taschenspieler sind am Werke oder – fiese Zirkuslogiker bluffen.