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Horaz, Oden, Buch III, 11

18.09.2015

Mercuri, nam te docilis magistro
movit Amphion lapides canendo,
tuque testudo resonare septem
callida nervis,

nec loquax olim neque grata, nunc et
divitum mensis et amica templis,
dic modos, Lyde quibus obstinatas
adplicet auris,

quae velut latis equa trima campis
ludit exsultim metuitque tangi
nuptiarum expers et adhuc protervo
cruda marito.

tu potes tigris comitesque silvas
ducere et rivos celeres morari;
cessit immanis tibi blandienti
ianitor aulae

Cerberus, quamvis furiale centum
muniant angues caput eius atque
spiritus taeter saniesque manet
ore trilingui;

quin et Ixion Tityosque voltu
risit invito, stetit urna paulum
sicca, dum grato Danai puellas
carmine mulces.

audiat Lyde scelus atque notas
virginum poenas et inane lymphae
dolium fundo pereuntis imo
seraque fata,

quae manent culpas etiam sub Orco.
inpiae, (nam quid potuere maius?)
inpiae sponsos potuere duro
perdere ferro.

una de multis face nuptiali
digna periurum fuit in parentem
splendide mendax et in omne virgo
nobilis aevum,

‘surge’ quae dixit iuveni marito,
‘surge, ne longus tibi somnus unde
non times detur; socerum et scelestas
falle sorores,

quae velut nactae vitulos leaenae
singulos eheu lacerant: ego illis
mollior nec te feriam neque intra
claustra tenebo.

me pater saevis oneret catenis,
quod viro clemens misero peperci,
me vel extremos Numidarum in agros
classe releget:

i pedes quo te rapiunt et aurae,
dum favet nox et Venus, i secundo
omine et nostri memorem sepulcro
scalpe querelam.’

 

Merkur, du warst Amphions Lehrer, und sein
Lied beschwor den Stein zu wandeln,
du auch, Laute, kundig, auf sieben Saiten
widerzutönen,

warst du einst auch wenig gesprächig, wenig
wert, bist jetzt in Festsaal und Tempel der Liebling,
singe dein Lied, Lydes verstopften Ohren
öffne den Klängen.

Wie sie ein dreijähriges Fohlen tollt und
hüpft auf dem Grasland, vor jeder Hand scheut sie,
blutjung weiß von Ehe sie nichts, sie schreckt das
Drängen des Gatten.

Deinem Liede ducken die Tiger sich, Wälder
rauschen dir nach, Bäche im Sturz erstarren,
unter deinen schmeichelnden Klängen kuscht der
Hüter der Schwelle,

Ungeheuer Cerberus, hüten auch sein
rasendes Haupt hunderte Schlangen, trieft ihm
auch aus dem dreiköpfigen Schlund der Schleim und
widriger Atem.

Ja, du zauberst Ixion auf das Gesicht und
Tityos ein Lächeln, es schläft ein Weilchen
der Danaiden ungefüllter Krug, dein
Lied macht sie träumen.

Möge zu Lyde dringen der Mädchen Sage, wie
sie die Strafe dulden und Wasser schöpfen
ins sich immer leerende Faß, von späten
Sprüchen der Gottheit,

die noch Schuld verhängen im Orkus. Wie
konnten die Verruchten mehr sich vergehen, sie
töteten, Verruchte, den Bräutigam mit
fühllosen Dolchen.

Eine nur war unter allen der Hochzeitsfackel
würdig, als sie wider des Vaters Treubruch
herrlich brach die Treue, das Heldenmädchen
künftiger Zeiten.

„Auf denn“, sprach zum Bräutigam sie, „auf denn, daß
nicht dich überkomme, den ahnungslosen, ein
langer Schlaf, entziehe dem Schwäher dich, den
ruchlosen Schwestern,

die, ach, wie Löwinnen Kälbchen halten
in den Klauen und sie zerfleischen: Ich bin
sanfter als sie, kann dir nichts antun, mein Herz
schenkt dir den Schlüssel.

Soll mich doch der Vater in harten Ketten
schleifen, weil ich gnädig geschont den armen
Mann, soll in numidische Wüste er mich
bannen auf Schiffen,

geh du, wohin Winde und Füße dich tragen,
so die Nacht, so Venus dir hold, unterm
Segensstern geh, ritz auf den Grabstein mir die
Worte der Sehnsucht.“

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