Gespenster meiner Kindheit
Die Dämonen meiner Kindheit,
die Tag- und Nachtgespenster,
hausten im Kartoffelkeller,
trippelten nächtens auf den Fliesen,
hockten in der Regenrinne,
raschelten in der Besenkammer.
Ein Gespentchen hieß Euterpe,
tagsüber schliefʼs im Kleiderschrank,
nachts pochte es, recht sanft und zag,
ich tat ihm auf, es huschte
auf seinen rosigen Füßen,
sprang mit den Ärmeln flügelnd
in mein Bett,
es krabbelte aufs Kissen, wiegte
das goldbelaubte Köpfchen
und seine grünen Augen
warfen wunderliches Licht.
Und wenn ich sanft die Fusseln,
die Flocken aus dem Haar ihm zupfte,
begann es bald zu wispern,
zu flüstern, bald zu singen.
Sie wurden mit mir groß,
die kleinen Tag- und Nachtgespenster,
bloß rascher alt und tumb und schlaff als ich.
In der Rinne fließt jetzt nur noch Regen,
kein Nachtgetrippel mehr auf Fliesen,
kein Mucks mehr aus der Kammer.
Doch manchmal blickt mich eines an,
höhnisch und verschlagen,
aus eines Boten Grinsen,
ein andres, schrilles, unverschämtes,
foppt mich im Gepfiff
des launigen Herrn Nachbarn.
Einmal beugte sich ein feuchtes Ding
heiß über mich,
und es schlug die Flosse
ein Flußgespenst mir ins Gesicht.
Doch der Rest ist abgetaucht,
hat sich ins Altenteil gefunden,
ein müder Greisenchor.
Sindʼs Spinnen fern im Schuppen
des aufgegebnen Gartens
oder die am trüben Teich dort quaken,
Frösche, die nach Fliegen schnappen?
Nur Euterpe, der kleine Dämon, ward nicht groß.
Er haust nicht mehr im Kleiderschrank,
hat eine eigne Stube,
mit Teppich, Spiegel, Blumen,
und einer Hängematte.
Ich stell ihm täglich Früchte vor die Tür.
Er huscht noch gerne auf mein Kissen,
noch immer, wenn sein Haar ich zupfe,
hebt er bald zu wispern,
zu flüstern, bald zu singen an.
Noch immer werfen seine grünen Augen
in meine Schwermutnacht
ihr wunderliches Licht.
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