Fata Morgana
Kaum haben wir zu Lebens schmalen Pfaden,
im Wahn, daß golden uns ein Leuchten labe,
des Schlafes wilde Ranken auseinander-
gebreitet und beschnitten, stehen wir
allein vor einem transparenten Himmel,
um Schatten flehend, Wolken, Gnadentropfen.
Ich trug den Durst wie einen hohen Krug,
gleich Frauen, die sich müd der Anmut recken,
auf meiner Schulter, doch ihn mir zu füllen
fand nirgends ich der Quelle keuschen Mund.
Da traten Schatten aus dem Tor des Traums
und wehten mir zur Seite, schwarze Flügel,
die leise rauschten: „Wir, die Schmerzgefährten,
wir wollen zu dem Wasser dich geleiten,
das deiner Seele dürren Wurzelstock
erquickt, bis ihm entsprießt dein Immergrün.“
Wir flogen über Schründe hin und Steppen,
Land, ausgemergelt von der Gottheit Glut,
ich aber sah die Kreaturen in der Tiefe,
wie sie verschmachtend eins des anderen Haut
aufritzten, sich an fremdem Blut zu stillen,
wie Zungen schnalzend Tränen, erpreßte, leckten
und Blicke sich von Wimpern Schatten rupften.
Und glänzte lächelnd schon wie Paradieses
Fata Morgana grasumstrotzt der Teich
und flossen Melodien in mein Herz
vom Liebesfest der goldnen Trunks Gestillten,
riß los ich mich aus der Harpyien Fängen
und stürzte auf den Ufersand, der stündlich
wächst und glimmt des Nachts wie Sternensalz –
o laß verschäumen Sehnsucht auf dem Meer.
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