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Er sprach mit seinem Knie

21.08.2013

Bethmannpark, Frankfurt am Main

Da tätschelte wer eines seiner Knie
und umfasste sanft die Scheibe
wie mit feingespreitzten Fingern
des Busens volles Maß der Plastiker.

Sprach ihm zu das Hätschelknie:
„Heute haben wir wieder einander gute Dienste getan.
Mensch, lege dich zur Ruh,
dein Knie bleibt wach!“

Sprach der Arbeitsmann auf der Parkbank
in gestreiftem Flanellhemd und blauer Jeans,
mit Schiebermütze und biegsamen Lederschuhen,
in die Hosentasche gerollt die Zeitung,
der Allerweltsmeinung stumpfes Schwert:

„Mein liebes Knie, du schweige still
am Ende dieses Tags voll Schufterei,
was wärst du denn ohne meinen Herrschersinn,
der ins Weite blickt,
in ferne Ziele überm Horizont,
an die du brav mich führen darfst,
doch ohne meinen Weitblick nie gelangst.“

Sprach das geknickte Knie:
„Würd ich ob deiner schnöden Rede
mich entzünden, kämst du nicht mehr weit,
zögest nach das krumme Bein,
schlepptest hin dein maledeites Sein!“

Sprach der Mützenmann missvergnügt zu seinem Fuß:
„Du füßelst hündisch-wulstiglich mir zu,
mein starker Fuß, tapfer durch die Straßen
dieser bösen Welt trägst du mich frag- und arglos,
du bist meine Hundefuß,
ich schick dir meinen Küssegruß.“

Sprach sinnig drauf der erstgeliebte rechte Fuß
zum Arbeitsmännlein mit der rauhen Werktagshand:

„Mich küssen tätst du nie und nimmer,
so krumm du bist,
so tief krümmst du dich nicht im Traum!
Hab schnell mal acht:
Wenn ich dereinst der Welt und ihrem bösen Drang entsage,
mich ganz verklumpe und verkloße,
und mag nicht mehr das Weite suchen,
weil das gefundene Weite ist so eng –
dann wirf die Mütze hin,
entlass das schorfe Knie
und leg klumpfüßig dich ins faule Bett
der Träumer, Dichter, Sänger –
lieblich-geheimer Quell all deiner Kunst
seien dir die scharfen Bisse meiner Gicht!“

Da schaut der bitterlich verdutzte Kappenmann
mit dunkler Sehnsucht auf die linke Hand
und mit der rechten klopft er ihr
zart auf die holde Maus,
als wolle er sie wecken:

„O traute Fühlungshand, erhebe dich und zeige mir
den Weg aus diesem Labyrinth
hundsföttischen Zwiegesprächs!“

Da hebt die Knorrenhand des Arbeitsmanns
sich träumerisch empor und fächelt
weich die Luft und winkt und winkt –
der alte Mann steht von der Parkbank auf.

Erleichtert eilt er auf den lieben Freund jetzt zu,
auf den er hier gewartet hat.

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