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Eifelpfade XXXVII

22.07.2017

Madonna mit Kind in der alten Stiftskirche von Münstermaifeld

Gezeugt, nicht gemacht

Den Rosenstrauß hält anmutleicht
die rechte Hand empor.
Der Meister trieb den schönen Schein
aus Tuffgestein hervor.

Der Rose Zeichen wunderbar,
es duftet nur dem Geist.
Es ist vom Paradies herab
ins Mayenfeld gereist.

Wer hat die Rose je gedacht,
den Duft vorausgeahnt?
Die Weisheit ist ein Stern der Nacht,
der uns die Pfade bahnt.

Mariens Lächelns speist ein Quell,
der Edens Tal entspringt.
Es ist ein Bild und doch kein Bild,
weil es die Gnade bringt.

Das Kind ist göttlich, doch ein Kind,
der süße Mund, er lacht.
Die höchste Kunst ist Liebesfrucht,
gezeugt und nicht gemacht.

 

Anmerkung:
Die Propstei von Münstermaifeld in der Eifel, der die alte Stiftskirche unterstand, war zeitweise eine der Pfründe des Nikolaus von Kues (1401–1464), genannt Cusanus, der in seiner Schrift „De docta ignorantia“ auf die Unfaßlichkeit des göttlichen Ursprungs aller Dinge für den Verstand abhob und das namenlose Urlicht zu schauen einer Art dichterisch denkender Intuition anheimstellte, die das Mysterium des Daseins nicht mittels rationaler Konstrukte erklügeln, sondern nur zeichenhaft erahnen kann.

Die Aussage „Gezeugt, nicht gemacht“, lateinisch „genitum, non factum“ ist ein wesentlicher Inhalt des Credo, des 451 festgeschriebenen sogenannten Nicaeno-Konstantinopolitanum oder christlichen Glaubensbekenntnisses, das die göttliche Natur Christi als ewig vom Vater gezeugt und nicht in der Zeit geschaffen definiert. Wir sind so frei, die prägnante Formel auf die künstlerische Tätigkeit zu münzen, um zu betonen, daß wie dem Duft der Rose die rational unausdenkbare Rose so die geheimnisvollen Mächte des Lebens seiner künstlerischen Gestaltgebung vorausgehen. Ich kann dich mit deinem Namen rufen, doch nur wenn du da bist und dich gemeint glaubst, wenn du dich nach dem Rufenden umschaust und innehältst, habe ich dich wirklich gerufen, hat das Zeichen des Namens eine Bedeutung. Der Name ist willkürlich, nicht aber die Bedeutung. Die Tuffsteinrose in der Hand der Madonna und die Rose des Gedichts duften nicht; doch ihr zeichenhaftes Dasein vermag den Duft der Erinnerung zu evozieren, der geheimnisvoll über dem Bild der Gnadenmutter und dem Bild des Gartens Eden schwebt.

Siehe:
https://www.google.de/search?q=stift+m%C3%BCnstermaifeld&client=firefox-b&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwju6a74y5zVAhVIWBQKHS0vCtAQ_AUICigB&biw=1260&bih=669#tbm=isch&q=stift+m%C3%BCnstermaifeld+madonna&imgrc=RCCtMzP9njFF3M:

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