Eifelpfade XX
Bassenheimer Reiter
Sein edles Haupt ragt in die schönen Knospen,
Geradsinn hat die Stirn geeicht.
Der Wind spielt sanft mit seinen jungen Locken,
ein Seufzer hat den Mund erweicht.
Den Bettler mit den Fetzen um die Lenden,
den schlaffen, hat ihn Gott entstellt,
daß stumpfer Gnomenstirn und dunklen Händen
das Licht der Milde sich gesellt?
Das Schwert, das schenkt, trennt ewig beide Welten,
des Siechtums Dunst, der Freude Wohlgeruch,
wenn dieser jauchzt zu bunten Festes Zelten,
schluchzt jener stumm in ihres Duftes Tuch.
Noch dringt an unser Ohr Hufschlag und Schnauben
der tänzelnd-edlen Kreatur.
Kein Schwert kann schenken ihr, kein Gott ihr rauben
des Blutes Schäumen in die offne Flur.
Anmerkung:
Der Bassenheimer Reiter in der Pfarrkirche zu Bassenheim bei Koblenz gilt als großes Werk des Naumburger Meisters, von dem unter anderem die Plastiken der Stifter des Naumburger Domes stammen. Es entstand im 13. Jahrhundert für die Ausstattung des Mainzer Doms und wurde im 17. Jahrhundert von dem Domherren Casimir Waldbott zu Bassenheim an seinen heutigen Standort überführt. Sein gotisch-staufischer Kunststil verleiht den Figuren individuell-frische Lebenszüge bei hoher Verdichtung und Bändigung des künstlerischen Ausdrucks. In unserer Sicht ist das Motiv des Bassenheimer Reiters nicht in erster Linie die christliche Caritas der traditionellen Martinsdarstellungen, sondern die ästhetische Verklärung der ritterlichen Tugenden der höfischen milte und des hohen muotes, wie wir sie auch aus den lyrischen und epischen Dichtungen Walters von der Vogelweide und Wolframs von Eschenbach kennen.
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