Die Stimme der Vernunft
Ein Beitrag zur Theorie der Subjektivität
Wir hören, daß eine Amsel singt, ob sie in der Nähe oder erregt laut zwitschert oder entfernt oder ruhig leisere Töne erzeugt, wir können den Gesang der Amsel von den ihn umgebenden Geräuschen, von Blätterrauschen oder Motorenlärm oder Menschenstimmen, unterscheiden und gleichsam aus dem Hof und Horizont der akustischen Umgebung herausheben. Wir können, wenn unsere Aufmerksamkeit nachläßt oder durch ein anderes akustisches Ereignis abgelenkt wird, den Vorgelsang auch wieder in den allgemeinen Hintergrund der Umgebungsgeräusche zurücktreten lassen.
Den Vogelgesang wird der Ornithologe mit anderen Ohren hören als der lyrisch gestimmte Wanderer, anders der Verliebte, anders der Verzagte, anders der Gleichgültige, anders der Gläubige. Hier bemerken wir, daß unser Gehör sympathetisch mit Sinnkontexten in Verbindung steht, die das Gehörte in einen spezifischen intentionalen Rahmen stellen. Aus dem Satz „Ich höre einen Vogel singen“ wird so der Satz „Ich höre, daß eine Amsel Warnrufe aussendet“, aus dem Satz „Ich höre ein an- und abschwellendes Heulen“ wird so der Satz „Ich höre, daß ein Polizeieinsatz stattfindet“.
Unser Gehör hat sehr spezifische diskriminatorische Fähigkeiten, allen voran die Fähigkeit, aus allen sonstigen akustischen Umweltgeräuschen die eigentümlichen Laute der menschlichen Stimme herauszuhören, abzuheben und zu unterscheiden. Dies verdanken wir der conditio humana, der besonderen menschlichen Situation, mit dem Hören der menschlichen Stimme die Aufmerksamkeit gezielt auf bedeutungstragende Laute richten zu können.
Wir vergleichen damit die spezifische diskriminatorische Fähigkeit unseres Sehsinns, aus allen sonstigen visuellen Umweltreizen die eigentümlichen Muster des menschlichen Gesichts herauszusehen, abzuheben und zu unterscheiden. Wir pflegen aber nicht nur die Tatsache zu registrieren, daß es sich hier oder dort um die typischen visuellen Merkmale eines Gesichts handelt, sondern sind zumeist in der Lage, unmittelbar den emotionalen Ausdruck, den es bietet, wahrzunehmen und zu verstehen, ob es nun freundlich oder bedrohlich blickt, zornig oder gütig, freudig lächelt oder weint, aber auch ein gleichgültig blickendes Gesicht wissen wir gleichsam in der Tabelle unserer emotionalen Mustererkennung einzutragen und gleichsam nach Klasse, Genus und Art taxonomisch einzuordnen.
Wenn ein Ortskundiger dich im Dunkel einen schmalen und abschüssigen Pfad entlang geleitet, kannst du zwar das Mienenspiel seines Gesichts nicht mehr erkennen und sein ängstlicher Ausdruck und seine Schreckensmiene können dir nicht von der unmittelbaren Gefahr künden, wenn dein Fuß den Pfadsaum überschreitet, doch seine Anweisungen und warnenden Ausrufe wie „Hier entlang!“, „Rechts halten!“ oder „Faß meine Hand, ich führe dich!“ geben dir die nötige Orientierung.
Daß die akustische und visuelle Mustererkennung von Stimme und Gesicht primäre epistemische Leistungen darstellen, erkennen wir einerseits daran, daß wir unwillkürlich dazu neigen, in den an sich unartikulierten Geräuschen fließender Gewässer oder vom Wind bewegter Blätter, Sträucher und Gräser ein Flüstern, Raunen und Murmeln zu vernehmen (bei empfindsamen Dichtern wie Keats oder Brentano finden wir reichlich Spuren solchen Erlebens) oder in diffusen Stoffen wie Nebel und Wolken Gesichter auftauchen zu wähnen; andererseits ersehen wir sie an der lebendig geprägten Vormacht der Ähnlichkeit, die uns das Vertraute vom Unvertrauten, das Eigene vom Fremden zu unserer eigenen Sicherheit unterscheiden hilft. Gesichter der eigenen Verwandtschaft erkennen wir am leichtesten, Gesichter der Freunde und Partner leichter als Gesichter von Bekannten, und so in absteigender Linie bis zu den Gesichtern fremder Völker und Rassen, die uns in einem uniformen Einerlei von Reizen verschwimmen. Ebenso mit der Ähnlichkeit der Stimme, von der intimsten Nähe der mütterlichen Stimme geht es auch hier die Skala abwärts von den vertrauten Stimmen der Freunde und Partner über die weniger vertrauten der Bekannten bis zu den fremden und unverständlichen Stimmen der Angehörigen uns fremder Kulturen, deren Idiome und Sprachen in Phonematik und Grammatik von der unseren gravierend abweichen.
Das Erkennen von Mustern, Reihen, gesetzesförmigen Wiederholungen und von entsprechenden mehr oder weniger gravierenden Abweichungen und „Fehlern“ oder „Löchern“ in gegebenen oder antizipierten Mustern und Reihen ist eine Leistung der Vernunft, und wir können sagen, daß die Vernunft auf der biologischen Basis der Ähnlichkeitswahrnehmung gleichsam in unserer Stimme und unserem Gehör inkarniert ist: Wenn wir nach zwei unbetonten Schlägen oder Auftakten mehrmals hintereinander einen dritten betonten Schlag hören, vernehmen wir einen Drei-Viertel-Takt, wie er uns durch den Walzer eingängig ins Ohr geht. Wenn in der Reihe der Takte einer ausfällt, also drei unbetonte Schläge eingestreut sind oder ein Takt mit zwei Senkungen nach einer betonten Hebung, haben wir den Eindruck, da stimme etwas nicht, es sei ein Fehler, ein rhythmisches Loch entstanden.
Allerdings erleben wir auch den Fall, daß eine leicht gebrochene oder verschobene Symmetrie in den harmonischen Zügen eines Gesichts oder der Skizze einer Landschaft nicht nur unsere Aufmerksamkeit steigert, sondern das Gefühl von Wohlordnung trotz der kleinen Abweichung, trotz des winzigen Webfehlers nach dem Motto „variatio delectat“ intensiviert. Und dies gilt auch für die akustische Wahrnehmung, wenn wir ihr ästhetischen Rang zubilligen: Denn solche leichten, aber gefälligen Abweichungen eines akustischen Grundmusters machen eben das aus, was wir in den Gedichten als Reim kennen.
Unsere Stimme und unser Gehör sind aufgrund der Tatsache, daß wir bedeutungstragende sprachliche Laute hervorbringen, unterscheiden, identifizieren und mit anderen Lauten kombinierend verstehen können, Organe der Vernunft.
Worauf hört die Vernunft, könnten wir etwas überschwänglich fragen? Nun, auf den Unterschied! Wir hören den Unterschied zwischen „gehen“ und „stehen“, „sollen“ und „wollen“, „lassen und passen“, „dunkeln und funkeln“, „Liebe und Hiebe“, wo nur ein Phonem die Bedeutung variiert, aber auch den Unterscheid zwischen „ist“ und „war“, „geht“ und „ging“, „lebt“ und „hat gelebt“, wo die grammatische Form den Sinn entscheidend modifiziert, oder den Unterschied von „und“ und „oder“, „wenn“ und „wenn nicht“, womit wir die logischen Beziehungen unserer Aussagen und Gedanken ausdrücken.
Wir können ein Bilderrebus mit einem durchgestrichenen Gesicht nicht ohne weiteres dechiffrieren: Heißt das, der Abgebildete ist nicht da, ist aus der Freundesliste gestrichen, wird heute nicht zu unserem gemeinsamen Treffen kommen, ist verstorben?
Die visuelle Repräsentation kann uns Abbilder von Gegenständen wie Gesichtern oder ein Muster in einer Tafel ähnlicher Gesichter darbieten. Wenn ich dir, bettlägerig und hilfsbedürftig, in einer Welt nonverbaler Kommunikation einen Zettel aushändige, auf dem Gegenstände wie Brot, Eier, Tomaten und dergleichen abgebildet sind – heute könnte ich dir auch eine Bildreihe von Lebensmitteln auf dem Smartphone aushändigen –, verstehst du nicht unbedingt und unmittelbar, daß ich dich damit auffordere, mir diese Eßwaren im Supermarkt zu besorgen. Aber unter der Überschrift „Bitte einkaufen!“ erschließt sich das Bilderrebus in seinem Aufforderungscharakter ohne weiteres.
Das Bilderrebus war demnach ein Surrogat für einen Sprechakt der Aufforderung, eine Handlung auszuführen, deren Gegenstand die abgebildeten Lebensmittel waren. Die Bedeutung der Mitteilung bestand demnach nicht in der Repräsentation der abgebildeten Dinge, sondern in der gemeinten Handlung, und diese hat die sprachliche Form: „Ich bitte dich, daß du mir diese Sachen besorgst.“
Wir haben uns wie gewohnt bei dir zu einem Plauderstündchen getroffen und nun steht wie üblich unser gemeinsamer Spaziergang an, da zeigst du mit der Hand nach draußen, um mich darauf aufmerksam zu machen, daß es zu regnen begonnen hat. Mit dieser Zeigegeste willst du meine Aufmerksamkeit nicht auf bestimmte Gegenstände wie die düsteren Wolken oder die Regentropfen hinlenken; vielmehr ist diese nonverbale Geste ein Hinweis auf die Tatsache, daß es regnet, sie ist das Surrogat eines Sprechakts, der lauten könnte: „Schau mal, es regnet!“ oder: „Es regnet, was tun?“
Wenn ich deiner Geste mit den Augen folge, sehe ich nicht nur düstere Wolken oder Regenfäden, sondern ich sehe gleichsam die Tatsache, daß es regnet. Aus der Mitteilung der Tatsache, daß es regnet, ziehen wir den Schluß auf gewisse Handlungsoptionen: Entweder bleiben wir vorerst zu Hause und warten, bis es aufklart, oder schreiten beherzt nach draußen, mit Regenschirmen bewaffnet.
Wir sagen kurz und bündig: Stimme und Gehör sind Organe der Vernunft, weil wir mit ihrer Hilfe artikulierten Lautreihen das Bestehen oder Nichtbestehen von Sachverhalten entnehmen können. Das Erfassen von Tatsachen versetzt uns in die Lage, logische Beziehungen zwischen unseren Überzeugungen darzustellen und wiederzugeben.
Wir bemerken insbesondere, daß wir nur mittels verbaler Artikulation und Rezeption in der Lage sind, negative Sachverhalte und Tatsachen darzustellen, eine grundlegende Fähigkeit der menschlichen Vernunft, ohne die wir aus dem beschränkten Bannkreis des Gegebenen nicht heraustreten und keine Aussagen über das Mögliche und das Nichtmögliche, das Virtuelle und das Zukünftige machen könnten.
Wir haben das Unwetter abgewartet und nun zeigst du aus dem Fenster mit den Worten: „Jetzt regnet es nicht mehr!“ und ich verstehe diese Aussage über einen nichtbestehenden Sachverhalt richtig als Aufforderung, jetzt unseren gemeinsamen Spaziergang anzutreten.
Wenn die Sonne scheint und ich zeige aus dem Fenster, kann ich dich mit dieser Geste oder mit dem Bild von Leuten, die frohgemut im Sonnenschein daherwandeln, nicht ohne weiteres und unmißverständlich auf die negative Tatsache aufmerksam machen, daß es nicht regnet.
Versuchen wir einmal, die Mitteilung „Wenn es morgen nicht regnet, gehen wir spazieren“ visuell darzustellen! An der Negation scheitern wir sofort, und ein klarer Bildausdruck für „morgen“ fehlt.
Vernunft, so sehen wir, ist unsere Fähigkeit, sowohl die Welt als Funktion von Aussagen über bestehende und nichtbestehende Tatsachen abzubilden, als auch Modelle dessen zu bilden, wie sie aufgrund von Aussagen über bestehende oder nichtbestehende Tatsachen sein könnte, wenn wir bestimmte Ausgangsbedingungen zugrundelegen und variieren.
Tatsachen der hier gemeinten Art, wie die Tatsache, daß es regnet, sind KEINE Gegenstände oder Entitäten in der Welt, sondern sprachliche Tatsachen; in der Welt finden wir Wolken und Regentropfen und dergleichen mehr, nicht aber die Tatsache, daß es regnet.
Die Rede von den nackten oder reinen Tatsachen ist demnach keine sinnvolle Rede; Tatsachen sind an das Dasein der Sprache und der Subjektivität, unser Dasein und unser Reden funktional gebunden. Wenn wir sie nicht denken und über sie nicht sprechen, gibt es sie in gewisser Weise nicht. Aber das heißt nicht, Tatsachen seien Fiktionen oder Konstruktionen: Spiegelbilder, um uns dieses Vergleiches zu bedienen, sind nichts ohne den Spiegel, der sie erzeugt – aber der Spiegel spiegelt Gegenstände, die es gibt, auch wenn sie ungespiegelt sind. In ähnlicher Weise sind Gegenstände wie Regentropfen reale Dinge dieser Welt, aber in dem Satz „Es regnet“ kommen sie nur als Element der Tatsache vor, daß es regnet, und diese Tatsache besteht nur, insofern jemand meint, denkt, sagt, daß es regnet.
Die Aussage, daß es regnet, ist das sprachliche Bild unserer Überzeugung oder des Gedankens, daß es regnet. Gedanken zu haben ist gewiß die Funktion der Vernunft. Hier weisen wir darauf hin, daß diese Fähigkeit an die Artikulation distinkter bedeutungstragender Phoneme, die Stimme der Vernunft im wörtlichen Sinne, insbesondere von Phonemen wie „nicht“, „und“, „oder“ und „wenn–dann“, kurz die logischen Ausdrücke sui generis, und ihre akustische Rezeption gebunden ist.
„Wenn es morgen regnen sollte, vergiß deinen Regenschirm nicht!“ – „Wenn du am Monatsende die Kreditrate nicht pünktlich überwiesen haben wirst, wird eine Gebühr fällig.“ – „Wenn du zum Konzertbeginn nicht pünktlich eintriffst, wirst du draußen auf mich warten müssen.“ Aussagen dieser Art machen uns auf die Relevanz der nur sprachlich darstellbaren Gedanken und ihrer logischen Verknüpfung aufmerksam, ohne die wir unser alltägliches Leben nicht bewältigen könnten. Insbesondere aber auch auf die Tatsache, daß kein ausschließlich bildlichen Medium zur ihrer Repräsentation geeignet ist.
Wie kann es aber sein, daß geäußerte und gehörte Laute und ihre Reihung, augenscheinlich Vorkommnisse unseres subjektiven phänomenalen Bewußtseins, geeignet sind, Gedanken auszudrücken, Gedanken, mit denen wir den Anspruch verbinden, bestehende und nichtbestehende Tatsachen in der Welt darstellen zu können, die keine bloßen Vorkommnisse des phänomenalen Bewußtseins sind, sondern eben Tatsachen, wenn auch solche, die, wie wir sahen, Funktionen sprachlicher Aussagen sind?
Hier kommen wir an eine epistemologische Grenze, an der wir nur konstatieren können, daß unser subjektives Dasein einen internen Bezug zu der Welt hat, in der wir leben und handeln und über die wir sprechen, ein Bezug, der die Welt zu unserer Welt macht, ohne daß wir das Bild, das wir uns von ihr machen, als Illusion unter Generalverdacht stellen müssen.
Der interne Bezug von Subjektivität und Welt erschließt sich auch aus der Tatsache, daß wir einige Lautverbindungen, die wir äußern oder hören, mit anderen Lautverbindungen, die ihnen nicht ähneln, so verknüpfen, daß wir die eine Äußerung bedenkenlos mit der anderen vertauschen, die eine durch die andere ersetzen: Wir gehen ohne weiteres davon aus, daß wir statt zu sagen: „Wenn morgen die Sonne scheint, machen wir unseren Spaziergang“ sagen können: „Wenn es morgen nicht regnet, machen wir unseren Spaziergang“ und auch sagen können: „Wenn es nicht der Fall sein wird, daß morgen die Sonne nicht scheint, machen wir unseren Spaziergang.“ Wir meinen dann, in allen dreien Aussagen werde derselbe Gedanke ausgedrückt.
Daß wir mittels geschickter Verwendung der Negation die Identität eines Gedankens bewahren können, ist eine wichtige Leistung unserer Vernunft, die uns erlaubt, die interne Verbindung von Subjektivität und Welt durch Verwendung des Wahrheitsprädikats gleichsam abzusichern und zu fundieren. Denn eine Aussage kann salva veritate nur dann durch eine andere Aussage ersetzt werden, wenn sie denselben Gedanken ausdrückt und darstellt oder wenn alle Aussagen, die logisch aus der ersten Aussage abgeleitet werden können, auch aus der zweiten abgeleitet werden können, oder wenn aus allen Aussagen, aus denen die erste Aussage logisch folgt, auch die zweite Aussage logisch folgt.
Durch angemessene Verwendung der Negation können wir also die inferentiellen Verknüpfungen unserer Gedanken und Überzeugungen zum Ausdruck bringen. Die biologische Basis dieser Möglichkeit ist, wie wir sahen, die Eignung unserer akustischen Artikulation und Rezeption, von Stimme und Gehör, distinkte bedeutungstragende Phoneme zu generieren und zu verknüpfen, Bedeutungsträger, die uns mit der gleichen Kraft und Relevanz von unseren anderen Sinnesorganen nicht bereitgestellt werden. Was die Darstellung logischer Verknüpfungen angeht, können wir sie sehr wohl effizient graphisch vereinfachen und algorithmisch abkürzen – doch bedürfen all diese grafischen Zeichen und Abbreviaturen und die Art ihrer Verknüpfung der Definition, die wiederum nicht anders als durch die Wortsprache gegeben werden kann.
Stimme und Gehör, so sahen wir, sind Organe der Vernunft, weil sie uns erlauben, sinnvolle Laute und ihre Verbindung, das heißt Gedanken, zu erzeugen und zu empfangen. Die Vernunft freilich ist es, die sich ihrer gleichsam als Werkzeuge bedient und ohne die sie wie im Falle der Demenz oder des Rauschs ihren vernunftbestimmten Charakter einbüßen. Die Artikulation der Stimme und das Hören von Sätzen sind Ereignisse in der Zeit, sie haben Anfang und Ende, der Gedanke, den die Vernunft mit ihrer Hilfe ausdrückt und wiedergibt, ist kein Ereignis in der Zeit, hat keinen Anfang und kein Ende. Wir verleihen der Äußerung: „Schau mal, es regnet!“ einen zeitlichen und räumlichen Index, weil du sie gestern, als wir uns bei dir aufhielten und unseren Spaziergang antreten wollten, gemacht hast. Doch der in der Äußerung enthaltene Gedanke, daß es regnet, und die Tatsache, die er ausdrückt, haben keine zeitliche und räumliche Referenz. Ich habe auf deinen Hinweis gesagt: „Warten wir, bis es aufklart und die Sonne scheint“, und auch diese Äußerung hat ihren zeitlichen und räumlichen Index. Aber der Zusammenhang, den wir zwischen diesen Äußerungen als logischen Zusammenhang unterstellen und den wir etwa so ausdrücken können: „Wenn es regnet, gehen wir nicht spazieren. – Es regnet, also gehen wir nicht spazieren.“ – dieser logische Zusammenhang hat keinen zeitlichen und räumlichen Index.
Daraus schließen wir, daß die Subjektivität unseres Daseins die nichtzeitliche und nichträumliche Bedingung der Möglichkeit darstellt, Gedanken zu haben und Zusammenhänge von Gedanken zu bilden, die selbst keinen zeitlichen und räumlichen Index aufweisen, deren Äußerungen wir aber mit einem zeitlichen und räumlichen Index versehen können.