Die Lektion der Wichtel
Dem Andenken an die Gebrüder Grimm
Hörst du es manchmal husten
in deinem Kleiderschrank?
Wer mag so höhnisch prusten,
sagst du dem Spiegel Dank?
Daß es kein Wunsch verfehle,
ist zipflig es bemützt,
das Urbild deiner Seele,
ein Wichtelein verschmitzt.
Was kitzelt dich im Schlummer
und reißt dich aus dem Traum?
Es ist ein Wicht, ein krummer,
mit seines Bartes Flaum.
Sie hausen in den Höhlen
der Mutter Erde tief,
sie kratzen von den Seelen
die Patina, den Mief.
Küßt du ein Mädchen bange,
und rollt ihr Auge wild,
kneift er dich mit der Zange,
daß dir die Hose schwillt.
Sie glühen mit den Echsen,
sie kühlen sich im Schnee,
sie schäkern mit den Hexen
und fühlen mit dem Reh.
Willst feierlich du schreiben
ʼnen Vers wie Hölderlin,
wird kichernd dir vertreiben
ein Wicht den eitlen Spleen.
Sie sind Protuberanzen
der Seele, die vergaß,
daß selbst die Götter tanzen
nach orphisch-trunknem Maß.
Und gehst du mit der Einen
verträumt ins Abendlicht,
siehst du auf schiefen Beinen
im Wiesengrund den Wicht.
Sie sind die Maskeraden,
dämonisch uns vermählt,
das Rätsel der Scharaden,
das unsre Seele quält.
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