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Die Entweihten

30.09.2022

Von Überdruß geblähte Schatten stöhnen,
wie aus dem Pferch das ungemolkne Rind,
bald wird der Acheron sie übertönen.

Das ausgestellte Seelenbild wird blind.
Was Augen feuchtet, die nach Beifall schielen,
ist eine Träne, die zur Lethe rinnt.

Die Worte, die wie Schaum auf Wellen spielen
und geben Widerschein von fernem Licht,
zerstäuben unterm Pflug von Eisenkielen.

Wir sehen der Ikone Angesicht
entstellt von Pusteln und von Pocken,
der Blicke Geifer hat den Glanz verpicht,

und ihrer Augen Gnadenborn fiel trocken,
der Pilgern einst gekühlt die Wunden,
wenn sie sich knieten auf den Samt der Glocken.

Die Flamme, die entfacht in hohen Stunden
den Maler, und die Farbe wurde heiß,
ward nun zum Flackerschein für müde Kunden,

doch bleibt das Blatt der Seele kalt und weiß.
Und selbst die scheuen Veilchen wurden Dirnen,
der Enzian erloschne Glut im Eis,

der Dichtern blaute auf des Schweigens Firnen –
nun kleben sie verkohlte Efeuranken
und tünchen sich mit Mohn den Gram der Stirnen,

sie haben nichts zu rühmen, nichts zu danken.

 

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