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Die Amsel

13.11.2017

Sie sitzt am Rand des Daches, ruhig,
Wasserfarbenblau quillt
zwischen rot getönten Wolken,
wie von Mennige zart bestäubt,
Novemberfrost, kalter Wind,
das macht ihr nichts,
sie biegt den Schnabel manchmal wie witternd
in die leere Luft der Vergangenheit zurück,
sitzt wieder ruhig da, ruhig,
auch wenn Krähen herabschießen,
drohend Schreie Schatten speien,
das macht ihr nichts,
sie putzt sich unterm Flügel, rasch,
Wind sträubt am Hals den weichen Flaum,
Krähen schreien, schreien,
das macht ihr nichts,
ruhig sitzt sie da, am Rand des Daches,
zwischen dem Rosen-Quarz der Wolken
verflüssigt der Opal des Augenblickes sich
ins reine Blau der Ewigkeit,
ruhig sitzt sie da,
ein Automotor heult elend auf,
das macht ihr nichts,
sie bleibt, sie bleibt …

O Bild, von Trübsals Firnis unverstellt,
erhelle mir die Weile eines lieben Blicks,
Amsel, hock ein Weilchen bloß
auf schwankem Zweige des Gedichts.

Gott ist nah,
es schwebet Daseinsfreude
der kleinen Kreatur
eine Weile
über all dem Dunkel,
das verschlingt,
eines weich umflaumten Wortes
kleine Weile.

Dann stürzt sie, schrilles Flattern,
jählings aus dem Bild.

 

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