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Der wandernde Vers

23.10.2024

Diese musikalische Phrase ist für mich eine Gebärde. Sie schleicht sich in mein Leben ein. Ich mache sie mir zu eigen.

Aber man nennt doch etwas „abgedroschen“. – Und man sagt „Diese Melodie ist immer neu“ … Wie soll ich’s sagen? Das ist sicher: eine steife, eine puppenhafte Gebärde ist für uns keine Gebärde.

Ludwig Wittgenstein

 

Das trockne Rascheln wird uns schon Gebärde,
fährt Herbstwind durch das hingesunkene Laub,
es ist wie Abschied von der dunklen Erde,
als schmeckten wir beim Worte Abend Staub.

Und rinnt der Regen, da wir einsam liegen,
glänzt uns im müden Rauschen auf wie Schaum
die Melodie, der weichen Woge Wiegen,
und trägt uns heim zum grünen Ufersaum.

Die ausgefransten Rüschen, Dichter, schneide
mit einer Schere ab, die schwirrt und blinkt,
den Vers verhüll im schlichten Pilgerkleide.

Mag wandern er hinan zur Waldkapelle,
wo er den Glanz des Gnadenbildes trinkt,
wie Rose Licht und Tau die Immortelle.

 

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