Skip to content

Der Schuss in der Neujahrsnacht

01.01.2014

Von wannen ging der Schuss denn los,
dein Entree-Billet ins neue Jahr?

Grad in jenem dummen Augenblick,
als die lieben Nachbarn auf Teufel komm raus
die Raketen steigen und die Böller platzen ließen –
oder vor Zeiten, als es noch gar keine Böller gab –
vor Äonen, als es noch keine feuerwütigen Menschen gab?

Ist in jenem jenseits der Zeit versiegelten Buch,
in dem auf dem einen Blatt der Heils-,
auf dem anderen Blatt der Unheilsplan verzeichnet sind,
ist in jenem Ewigkeitsbuch,
in dem gähnend ein Engel blättert,
der Schuss in der Neujahrsnacht
als unabwendbar abgehakt?

Mensch, es war nur ein heißer Böller,
der querschlug – und wo er hätte weiterböllern können,
schob deine Visage sich in die Bahn.

Das bisschen Wehweh wischst du dir ab
wie ein unschönes Staubfädchen vom Kragen –
was dir von dem Einschlag eigentlich bleibt,
die unsichtbare Narbe hinter der sichtbaren,
wiegt wohl nicht fädchenleicht …

… das legt dir ein Kilo Misstrauen auf die Waagschale
linker Hand, beschriftet mit „Argwohn“, „Furcht“ und „Sorge“,
sodass die Schale rechter Hand, beschriftet mit
„Glaube“, „Hoffnung“ und „Liebe“
wiederum beklemmend in die Höhe schnellt!

Du schaust anders in die Welt,
aus der es höhnisch Schläge hagelt,
von Händen, die im Freien flattern
und im Leeren watschen, unzurechnungsfähig –
anders schaust du in die Welt,
in der ein samtenes Liebe-Leuchten zweier Augen
dich ins neue Jahr geleitet.

Hoppla, was raunst du da,
poeta lactucate neque laureate!

Ist es doch dieselbe Welt, die eine in der andern,
wo unversehens Schüsse fallen
und Liebe über Grenzen geht.

Kommentar hinterlassen

Note: XHTML is allowed. Your email address will never be published.

Subscribe to this comment feed via RSS

Top