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Der schmale Grat

06.09.2024

Der ehrliche religiöse Denker ist wie ein Seiltänzer. Er geht, dem Anscheine nach, beinahe nur auf der Luft.
Sein Boden ist der schmalste, der sich denken läßt. Und doch läßt sich auf ihm wirklich gehen.

Ludwig Wittgenstein

 

Der Pfad der dürren Gräser, plattgetreten,
hat uns zum stillen Haine nicht gebracht,
daß dort, von Gottes hohem Strahl entfacht,
wie Flammen wir mit ganzem Leibe beten.

Auf Märkten, wo gepeitschte Puppen schreien
um Paradiese ohne Not und Tod,
sehnt sich das Herz, von Nacht und Wahn bedroht,
nach Stimmen, die ihm Licht ins Dunkel schneien.

Der Weg hat dich dem Lärm des Tals entrückt
zum schmalen Grat, dem Abgrund leiser Schauer,
wo, Dichter, dich der Enzian entzückt.

Bring uns den Duft in unser Krankenzimmer,
daß wir des Tags gedenken ohne Trauer,
leg auf das Kissen uns den blauen Schimmer.

 

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