Der Schinder von Bergen
Von totem Tier, von Aasgeruch
war seine Seele krank,
an fremdem Blute ward sie warm,
das sie aus Bälgen trank.
„Mein Gott hat mich verlassen,
ich muß mich selber hassen.
Ich trat am Kreuz zu den Schergen.
Ich bin der Schinder von Bergen.“
Heut warʼs ein Bär im schaurigen Fell,
dem hat er Herz und Darm
geweidet mit dem hellem Stahl,
das Blut, es rann so warm.
„Mein Herzog hat mir das Tier gegeben,
ich will als Untier weiterleben.
Ich trat am Kreuz zu den Schergen.
Ich bin der Schinder von Bergen.“
Er schlüpft in das leere Fell, ihn schauert,
er fühlt die Macht und hebt
die Tatzen, er brummt wie der Bär im Ried,
wo er von Honig und Kräutern gelebt.
„Mein Herzog pflegt so gern der Jagd,
bis rot der Morgen tagt.
Er dingte mich blutigen Schergen,
mich, den Schinder von Bergen.“
Die Masken kreisen, Flammen singen,
die Herzogin tanzt in den Saal.
Sie ist die Elfe lilienweiß,
ein Rothirsch ihr Gemahl.
„Du reine Blume, Herrscherin, schenk
mir den ersten Tanz.
Schein ich auch ein wilder Bär, so träuf
ins Aug mir milden Glanz.“
Die Masken kreisen, die Flammen singen,
die Elfe tanzt mit dem Bär.
Ihm wird das Herz so anmutleicht,
sein Blut hat keine Wehr.
Sein Blut hat keine Wehr, sein Fell
wird weich, sein Auge feucht,
er atmet reinen Lebensduft,
ein Stein, sein Herz, erweicht.
„Wer bist du denn, du wildes Tier,
das meine Lilie rührt?
Was hat dich aus dem wüsten Ried
in meine Au entführt?“
„Ich kam aus dem Tod ins Leben,
das deine Lilien umschweben.
Ich trat am Kreuz zu den Schergen.
Ich bin der Schinder von Bergen.“
Er reißt die Bärenmaske vom Haupt,
der Saal ist heißer Schrei.
Er zeigt sein rußiges Angesicht,
die Lilie knickt entzwei.
Da nimmt der Herzog ein Schwert zur Hand,
der Schinder glaubt sich verloren.
Doch hebt er es sacht und sacht er weiht
zum Ritter den armen Toren.
„Du bist der Reinen genaht, rein
und edel mußt du nun sein.
Tritt aus dem Banne der Schergen,
du bist der Ritter von Bergen.“