Der kleine Stoiker
Da hüpft er, Mick, mein Mickilein, von weitem hat
er mich erkannt, der treue Hund.
Und wedelnd kreist er um sich selber, wie er blinkt,
der onyxschwarze Augenstern.
Ja, ja, schon springst du hoch und kratzt und tapst und schniefst,
die Schnauze in der Tasche fast
vergraben, wo ein Leckerli für meinen Mick
schon lang auf sein Gejapse harrt.
Was dir begegnet, kleiner Stoiker, dünkt dich
genug, du überschnüffelst nicht
mit deiner feinen Nase, was die Welt begrenzt,
die du bewohnst. Das weißt du nicht,
daß über Fluß und Tal und Berg ein andrer Hund
gelebt, dir ähnlich ganz, wie du
gerufen Mick von einem guten Frauchen, das
dem deinen ähnelte, doch fand
man sie vor Wochen kalt und bleich in ihrem Bett,
der kleine Mick, der Zwillingshund,
lag auf dem Kissen neben ihr, war schon ganz ab-
gemagert und er keuchte schwer,
starb auch dahin, als man die Alte hob zum Sarg.
Du kennst, o Glück, nur einen Tag,
vom ersten Strahl des Morgens bis zum Abendrot,
vom Frühling bis zum weichen Schnee,
doch wüßtest du zu raten und zu sagen nicht,
wär dir die Zunge auch gelöst,
ob diese blütenweißen Flocken Winterzeit,
ob jener Schnee nicht Lilien meint,
den Abgrund zwischen einst und jetzt, ihn füllt dir auf
das dunkle Rieseln deines Schlafs.
Von Tür zu Tür, von Duft zu Duft, von Strauch zu Strauch
durchwandelst du den engen Kreis,
und doch erhellt in deinen Adern sich das Blut
von einem Tropfen Himmelslicht.
O leuchte Herz, das in des Lebens Dunkel pocht,
bleib wach für deinen leichten Traum.
Und fühlst du, wie die Bilder blassen, wie der Blick,
der mütterlich dich oft geküßt,
verschwimmt, leg dich ins Gras, die Augen schließ, laß still
verwehen letzten Sommers Hauch.
Und geht sie dir voraus, die dich umsorgt, geliebt,
und machte dir ein Bett aus Flaum,
magst du ihr folgen und nicht schmachten vor dem Grab,
wo weicher Tau von Veilchen rinnt.
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