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Der Kampf ums Genus

13.02.2021

Linguistik und Sophistik
Philosophische Sentenzen und Aphorismen

Die Frau bleibt Frau, auch wenn sie sich einen Dildo umbindet. – Der Mann aber kein Mann, wenn er sich von Zeitgeistideologen den Verstand kastrieren läßt.

Wer Wörtern wie „Bürger“, „Fahrer“, „Schuster“, „Klempner“, „Akademiker“ oder „Lügner“ einen imaginären Penis umbindet, obwohl ihr grammatisches Geschlecht nichts über das natürliche des so Benannten aussagt, ist kein linguistischer Schlaumeier, sondern schwach in Deutsch oder ein tückischer Sophist.

„Bürgerbus“, „Bürgerschaft“, „Spielerglück“, „Malerbetrieb“, „Künstlerbedarf“, „Bergsteigerverein“, „Meistersänger“, „Schlepperbande“, „Helfersyndrom“, „Schülervertretung“ – in solchen und tausend anderen Wortzusammensetzungen mit einem auf die Bildungssilbe -er ausgehenden generischen Maskulinum im Singular oder Plural (Bürger, Spieler, Maler, Künstler, Bergsteiger, Meister, Schlepper, Helfer, Schüler) ist es mit Händen zu greifen, daß die Bedeutung des grammatischen genus masculinum offenläßt, ob es sich um Männer oder Frauen handelt.

Leiden Wörter wie „der Tischler“, „der Metzger“, „der Arzt“ oder „der Student“ mit einem Male unter einer Dauererektion, sodaß wir uns ihrer erbarmen und ihnen auf der Stelle die vollen Formen der weiblichen Bildungen beiwohnen lassen sollten?

Weil der indogermanische Dialekt des Deutschen wie das Lateinische und Altgriechische nun einmal sich zur lexikalischen Klassifikation und syntaktischen Formbildung dreier grammatischer Geschlechter bedient, durchwaltet die Genus-Zuschreibung als Strukturgesetz die Lexik vollständig und ausnahmslos; sonst wäre sie kein Ordnungsprinzip und kein Strukturgesetz.

DER Mund, DIE Nase – müssen die vom magischen Sprachdenken Besessenen am Ordnungssinn der Grammatik nicht verzweifeln? Sieht denn nicht der Mund eher weiblich, die Nase eher männlich aus, wie man es bei Wörtern wie „der Daumen“ und „die Lippe“ seinen schwülen Phantasien anheimstellen mag?

DAS Messer, DAS Buch, DAS Geld – herrscht das dritte grammatische Geschlecht, wenn es sich um leblose Sachen des alltäglichen Gebrauches handelt? – Weit gefehlt: DIE Sache, DER Pflug, DIE Schale, DER Löffel, aber DAS Kind, DAS Mädchen.

DER Himmel, DIE Erde, DIE Sonne, DER Mond: Hier stimmt das grammatische Geschlecht mit dem natürlichen der Gottheiten aus der germanischen Mythologie überein.

DIE Katze, DER Hund, DAS Pferd, aber LE chat, LE chien, LE cheval – sind in Frankreich alle Katzen grau, alle Hunde Rüden, alle Pferde Hengste?

Die Zuordnung des grammatischen Geschlechts hat einen systematischen Ordnungswert, aber in den meisten Fällen keinen semantischen Funktionswert. Die Ordnungsleistung ersehen wir beispielsweise an der Zuordnung des grammatischen Geschlechts zu bestimmten Arten der Wortbildung wie des männlichen zu Wörtern mit der Endsilbe -er (der Retter, der Verfolger, der Geisterfahrer), des weiblichen zu Wörtern mit der Endung -ung (die Bildung, die Leistung, die Verfehlung) und des neutralen zum substantivierten Infinitiv (das Rätselraten, das Versteckspielen, das Musizieren).

Weil diese Einteilung in den meisten Fällen dem grammatischen Strukturgesetz der Klassifikation gehorcht und keine semantische Funktion darstellt, bedeutet der Satz „Ein Geisterfahrer war auf der Autobahn unterwegs“ nicht, daß es sich um einen Mann gehandelt haben muß, und der Satz „Der Musiker hatte einen ausdrucksreichen Anschlag“ nicht, daß nicht eine Frau die Klaviersonate gespielt haben könnte. Nur wenn es für die polizeiliche Identifikation des Geisterfahrers unabdinglich ist, wird seine sexuelle Zugehörigkeit relevant, nur wenn wir dem Pianisten unsere Reverenz erweisen wollen, müssen wir wissen, ob wir ihm eher Blumen oder eine Flasche Wein in die Garderobe bringen lassen sollen.

Die das grammatische Geschlecht anzeigenden Artikel „der“, „die“, „das“ beginnen mit dem indogermanischen Dentallaut, der auf die gemeinsame Wurzel der deiktischen Demonstrativa und Pronomina verweist: dort, da, dies, du.

Wir befinden uns in einer Ursituation zeichenhafter Handlung, wenn der Jäger auf der Pirsch oder der Krieger auf dem Kriegspfad dem Jagd- und Kampfgenossen mit dem Laut „da“ oder „der dort“ einen Hinweis auf die Jagdbeute oder den herannahenden Feind gibt.

Das deiktische Sprachfeld der hinweisenden Laute ist ein elementares Signalsystem, wie wir es auch im Tierreich mit seinen hochdifferenzierten Warnrufen und Orientierungszeichen finden, die unmittelbar und reflexhaft ein das Leben rettendes Verhalten auslösen. Es ist noch kein Symbolsystem, das wir allererst in der menschlichen Sprache ausgebildet sehen, in welcher  „der dort“ nicht nur ein Hinweis auf ein gefährliches Objekt darstellen kann, sondern darüber hinaus die Bedeutung impliziert, daß es sich um einen Mann handelt.

Das Murmeltier vermag mit seinen schrillen Warnpfiffen die Artgenossen auf die Annäherung eines Greifvogels aufmerksam zu machen; sein Appell hat, wenn er das richtige Verhalten auslöst und die Flucht vor der drohenden Gefahr in Gang setzt, einen wenn auch rudimentären Zeichencharakter. Indes fehlt ihm der für unsere Rede kennzeichnende Symbolsinn, denn um welche Art Beutegreifer es sich handelt, Steinadler oder Bussard, kann das Tier nicht mitteilen.

„Er“ und „sie“: Den Murmeltieren fehlt die semantische Funktion der Darstellung oder Symbolisierung; sie können nicht, glücklich vor dem Feind in den sicheren Bau geflüchtet, auf den stolzen Mitgenossen zeigen und damit meinen, er oder sie habe sie dankenswerterweise vor der Gefahr gewarnt.

Es ist bemerkenswert, daß die Pronomina der ersten und zweiten Person (ich, du, wir, ihr) keinen Hinweis auf das natürliche Geschlecht geben (haben sie doch kein grammatisches), während die Pronomina der dritten Person Singular uns darüber stante pede ins Bild setzen (er, sie, es).

Im Deutschen können wir den Äußerungen „Ich habe lange in Paris gelebt“ oder „Ich bin in Paris geboren“ nicht entnehmen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt; im Gegensatz zum Französischen, in dem die von einer Frau geschriebenen Sätze lauten: „J’ai vecue longtems à Paris“ und „Je suis née à Paris.“

Das Pronomen „ich“ ist wie das Heideggersche „Dasein“ geschlechtsneutral.

Wir können die Pronomina der ersten Person als Signalworte oder deiktische Indikatoren einsetzen: „Wer hat das getan?“ – „Ich!“ – „Wem soll ich das Buch geben?“ – „Mir!“

Possessivpronomina wie „mein“ und „dein“ drücken nicht nur Besitzverhältnisse aus, sondern auch Relationen: „Dies ist meine Frau“ heißt nicht, daß sie dem Sprecher gehört, sondern daß der Sprecher ihr Mann ist, ähnlich wie „Das ist mein Bruder“ heißen kann: „Ich bin seine Schwester.“

Den über den deiktischen Signalwert („ich hier“) hinausgehenden Symbolwert erkennen wir an Äußerungen der ersten Person, die mit Wendungen wie „ich glaube“ oder „ich befürchte“ eingeleitet werden: „Ich glaube, er wird mir eine Überraschung mitbringen“ oder „Ich befürchte, er wird mich gar nicht beachten“; in solchen Satzgefügen besteht die semantische Leistung in der Identifizierung des sprechenden Subjekts mit dem im Nebensatz angegebenen Objekt („mir“, „mich“).

Narren ohne Charme und Witz, nein, Sophisten voller Gift und Galle, wollen uns weismachen, der Gebrauch des generischen Maskulinums der deutschen Grammatik diskriminiere den weiblichen Teil der Bevölkerung; dabei ist er es doch, der gerade nicht diskriminiert, weil er die natürliche Geschlechtszugehörigkeit offenläßt.

Ist eine Ärztin zur Visite angekündigt, es kommt aber ein Arzt, bin ich zurecht erstaunt; ist ein Arzt angekündigt, es kommt aber eine Ärztin, nicht im mindesten.

Die Idiotie, die Chuzpe oder die Schamlosigkeit, das generische Maskulinum der Grammatik mit einem imaginären Penis zu versehen und ihm eilfertig das weibliche Pendant beizugesellen, wurde zum sprachlichen Manierismus eines Gesinnungsterrors, dem sich nicht zu beugen mit empfindlichen Sanktionen bis zum Ausschluß aus der Mediengemeinde oder der Aberkennung akademischer und anderer Würden belegt wird.

Wer sich gegen die Verhunzung und Verluderung der Muttersprache verwahrt, wird von verlogenen Antirassisten und Philosemiten für meschugge erklärt und fortan unter die nationalistischen Gojim gezählt.

Daß ich mit dem Begriff „die Alten“ Opa und Oma inkludiert habe, raffen sie noch, doch wenn von den alten Germanen, den alten Römern, den alten Ägyptern die Rede ist, flippen sie schon aus.

Auf deutscheste Weise stramm zu stehen, in devoter Haltung dem herrschenden Zeitgeist wie weiland den Braunhemden, die von den „Volksgenossen und Volkgenossinnen“ schwadronierten, seine Huldigungsadresse zu überreichen, hysterisch haspelnd seinen moralingesäuerten Sermon herunterzuleiern: „Liebe Germanen und Germaninnen“, „liebe Studenten und Studentinnen“, „liebe Bürger und Bürgerinnen“, „liebe Närrinnen und Narrhalesen“, sich nicht genug zu tun mit albernen Wendungen wie „jener oder jene“, „dieser oder diese“, „keiner und keine“ – welche Stupidität, welche Sophisterei, welche geistige Öde!

 

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