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Der Dämon lacht

24.03.2023

Philosophische Sentenzen und Aphorismen

Wehe, wenn Vegetarier Blut lecken.

Der Dämon lacht, wenn Pazifisten Tauben zu den Krähen scheuchen.

Wehe den Heuchlern, die verkünden, der Wolf werde friedlich mit dem Lamme grasen und der Teufel auf seine Blutsuppe verzichten.

Ein Trost für Hiob: Die kleine Erbse der Wahrheit zuunterst unter den Federbetten und Daunen der Lüge und Eitelkeit läßt auch die Prinzessin mit dem besten hypermoralischen Gewissen nicht schlafen.

Der Dämon grinst, wenn das Familienministerium mittels Hetzpropaganda und Rechtsbeugung die systematische Auslöschung der klassischen Ehe von Mann und Frau, die öffentliche Verlästerung der Autorität des fürsorgenden Vaters und der erzieherischen Rolle der Mutter, die sexuelle Desorientierung von Kleinkindern in kommunalen Kinderverwahranstalten und die staatliche Propaganda und Förderung perverser, zur Unfruchtbarkeit verdammter Lebensstile betreibt.

Was sie Wohlfahrt nennen, ist wie das genüßlich-versonnene Lecken des Löwen an der blutigen Hüfte der geschlagenen Antilope.

Wer kein Instrument beherrscht, wird nicht ins Orchester aufgenommen; anders in der Politik, wo Frau Wurstfinger auf den Saiten einer überspannten Humanitätsrhetorik quietscht und Herr Grobian mit antirassistischen Donnerschlägen auf die Pauke haut.

Der Dämon kugelt sich, weil kulturfremde Barbaren, die Leitfunktionen in den kulturellen Einrichtungen okkupiert haben, unter dem Applaus der Medien an den Denkmälern der Nation urinieren.

Der feste Schritt ins Neuland bedarf der männlichen Tugenden des Muts und der Entschlossenheit; wer zögernd vorantastet, versinkt schon im Morast. – So finden sich Verschworene, den erregten Strömungen der Reformationszeit nicht unähnlich, die sich eskapistisch in Klüften, Nischen und Wäldern zurückziehen, um ihre eigene Schwurgemeinschaft zu stiften.

Man kann daran zweifeln, ob ein Zweifel (wie der des Descartes) berechtigt ist.

Man kann nicht vortäuschen, Schach spielen (oder Italienisch sprechen) zu können, ohne es zu können.

Der Dämon des Descartes, der ihm vorgaukelt, alles sei nur ein Traum, muß er nicht wissen, was das ist, ein Traum, und also auch, was das ist, wach sein?

Man macht einen unauflösbaren semantischen Knoten, wenn man davon redet, etwas sei mit sich selbst identisch; aber betrachtet man irgendeine mathematische Gleichung als formalen Ausdruck einer logischen Tautologie, ahnt man, was gemeint ist.

Die primären Sprechakte des Sprach- oder des Mathematikunterrichts sind Befehle. „Das ist eine Rose“ heißt: „Nenne, was du da siehst, eine Rose!“ – „2n = 8“ heißt: „Dividiere 8 durch 2!“

Moral nennen wir die informellen Verhaltensregeln einer Gruppe; das kodifizierte Recht schreibt ihr die formellen Verhaltensregeln vor. Politiker, die das Recht mit einer vorgeblich höheren Moral vermischen, zersetzen es.

Wer Politik moralisiert, mag immerhin ein Heuchler sein; wenn er aber nicht einmal das Zeug zum Heuchler hat, ein Dummkopf.

Dieselben trüben Geister, die den Deutschen das Recht auf eigene nationale Identität absprechen, führen Krieg für den Erhalt einer fremden.

Esse est percipi, sagt Berkeley; und die Rückseite des Mondes existiert nur, weil Gott, der alles sieht, auch diese seiht. – Aber der Begriff eines Wesens, das alles sieht, ist ein Unbegriff.

Alles sehen heißt nichts sehen. – Ich sehe die Figur vor dem undeutlichen Hintergrund, fokussiere ich den Blick auf den Hintergrund, verschwimmt die Figur.

Unser Begriff raumzeitlicher Gegenstände impliziert, daß sie eine Rückseite haben; wir müssen sie nicht sehen, um es anzunehmen.

Unser Begriff des Sehens impliziert eine interne Begrenzung durch das visuelle Feld.

Unser Begriff von Sprache impliziert, daß wir nicht über alles reden können; er impliziert eine interne Begrenzung durch logisch-grammatische Strukturen.

Der Satz „‚Reich mir die Karaffe!‘ ist eine Aufforderung“, ist keine Aufforderung.

Wir können nicht gleichzeitig einen Satz verwenden und über seine Verwendung reden.

Wir können nicht über die Art der Verwendung eines Satzes reden und ihn gleichzeitig verwenden.

Der Satz „2n = 8 ist eine Gleichung“ ist ein Pseudo-Satz. – Wir sehen ja, daß 2n = 8 eine Gleichung ist.

Der Satz „‚Diese Rose ist rot‘ schreibt einem Ding eine Eigenschaft zu“ ist ein Pseudo-Satz. Wir sehen ja, daß der Satz „Diese Rose ist rot“ der Rose die Eigenschaft zuschreibt, rot zu sein.

Der Satz „‚Der Mond ist der einzige Erdtrabant‘ ist wahr“ ist ein Pseudo-Satz; denn der Satz „Der Mond ist der einzige Erdtrabant“ sagt ja, was wir als astronomische Tatsache annehmen.

Der Satz „‚Die Rose Schönheit soll nicht sterben‘ ist eine Übersetzung eines Verses eines Sonetts von Shakespeare“ ist ein echter Satz; denn er zitiert den Vers in deutscher Übersetzung und weist seinen Autor aus.

Der Satz „Diese Rose ist rot“ ist äquivalent mit dem Satz „Der Satz ‚Diese Rose ist rot‘ ist wahr, wenn die Rose rot ist“ – und umgekehrt.

Das Wahrheitsprädikat „ist wahr“ hat, wie Tarski nachwies, die Funktion, die Äquivalenz zweier Sätze aufzuweisen, wovon der eine Satz eine Erwähnung oder eine Zitation des anderen Satzes darstellt; der erste Satz steht in Anführungszeichen, der zweite nicht.

Die Sätze „This rose is red“ und „Diese Rose ist rot“ haben dieselbe Bedeutung, aber nicht deshalb, weil beide sich auf ein unabhängig von ihnen bestehendes Faktum beziehen, das wir auch ohne Verwendung von Sätzen dieser Art feststellen und beschreiben könnten, sondern weil sie das Faktum mittels derselben Form der Benennung („rose“ und „Rose“) und derselben Art von Prädikation („is red“ und „ist rot“) semantisch konstituieren; diese Form der semantischen Konstitution läßt sich nach Frege als Funktion beschreiben: a (Fa), es gibt ein a derart, daß es die Eigenschaft F hat.

Wir können nur auf etwas zeigen und über etwas reden, was sich, wie Heidegger es ausdrückt, von sich aus zeigt. – Wir können es nur von der Stelle aus betrachten, an die wir schicksalhaft geraten sind, es nur mit den sprachlichen Mitteln beschreiben, die uns schicksalhaft zugewachsen sind. – Der Rest liegt im Dunkeln, der Rest ist Schweigen.

Wir haben keinen einheitlichen oder univoken Begriff von Welt, Tatsache, Ding und Sprache, sodaß wir sagen könnten, die Welt sei das kohärente Netz der Tatsachen und dieses sei adäquat und konsistent mittels einer einheitlichen Sprache oder philosophischen Meta-Sprache beschreibbar.

Die physikalischen Sätze, mit denen wir die Eruptionen der Sonne beschreiben, gehorchen anderen Kriterien von Evidenz, Wahrscheinlichkeit und Erklärungstiefe als die moralischen Sätze über den unangemessenen Wutausbruch unseres Freundes.

Die intrikaten Regeln unserer Verhaltenscodizes sind nicht vergleichbar mit den transparenten Regeln mathematischer Beweise; der Bekannte grüßt uns nicht mehr – haben wir uns, ohne es zu bemerken, eines Fehlverhaltens schuldig gemacht, ist er dünkelhaft geworden; das liegt nicht auf der Hand.

Der Satz „2 + 2 = 4“ ist richtig, weil 2 + 2 = 4; aber auch kraft der Rechenregeln, die wir mittels unseres Dezimalsystems entwickelt haben.

Der Satz „Der Preis einer Ware ist der Quotient aus Angebot und Nachfrage“ ist wahr, unter der Bedingung des freien Warenaustausches.

Aber der Satz „Ich weiß, daß ich zwei Hände habe“ ist, wie Wittgenstein betont, sinnlos, es sei denn, wir lebten in einer Welt, in der unsere Hände plötzlich schrumpften und ebenso plötzlich wieder nachwüchsen.

„Ich weiß, daß ich zwei Hände habe“ ist ein Pseudo-Satz, der semantische Affe einer empirischen Wahrheit.

Allerdings sind, wie Wittgenstein herausfand, etliche scheinbar rein empirische Sätze für uns gleichsam in transzendentalem Auftrag unterwegs, da sie das Terrain der Lebensform abstecken, das wir bewohnen; das zeigt sich an unserer Weigerung, sie skeptischem Zweifel auszusetzen, oder dies nur in extremen Ausnahmesituationen zulassen. „Ich habe lange in Paris gelebt“ – würde nur bezweifelt, wenn ein Verdacht auf Hochstapelei oder eine schizophrene Psychose besteht. „Ich bin ein Mann (eine Frau)“ – würde nur von einem Arzt in Zweifel gezogen, der den relevanten Gendefekt identifiziert hat. Freilich „Ich bin ein Mann“ von einer Frau mit intaktem Uterus, „Ich bin eine Frau“ von einem Mann mit intakten Testikeln geäußert, wird von einem Psychiater als Symptom einer gravierenden Persönlichkeitsstörung angesehen werden können.

Wir sagen, um der Zweideutigkeit und Ambivalenz menschlichen Gebarens und Redens Ausdruck zu verleihen: „Hinter seinem Lächeln verbirgt sich Verlegenheit.“ – „Das überschwengliche Lob war nur die Hülle eines vernichtenden Tadels.“ – „Der da laut und aufdringlich mit obszönen Witzen auftrumpft, ist eigentlich eine zartbesaitete, aber verwundete Seele.“

Der globale Siegeszug der technischen Zivilisation scheint den Untergang der alten Kulturen, ihrer Künste, ihrer Musik, ihrer Dichtung, und die Auflösung der Völker, deren geniale Begabungen sie hervorgebracht haben, nach sich zu ziehen. – Ist dies ihre verborgene Wahrheit, von der Heidegger mutmaßte, sie habe sich schon in einer Art technischer Verengung des Logos-Begriffs bei Platon angebahnt?

Wittgenstein blieb, auch nach seinen Amerikareisen, unschlüssig, ob er dem Pessimismus Spenglers recht geben oder einige Hoffnung darauf setzen sollte, daß seine Schriften in hundert Jahren verständnisvolle Leser finden werden.

Der Schüler lernt, wenn er denn lernt, aufgrund von Lob und Tadel, Anleitung und Maßregelung immer besser Gleichungen zu lösen. – Der Hörer aber, er weiß nicht wie, verfällt mit einemmal dem Zauber des Adagios aus Beethovens Violinkonzert, das er schon so oft gehört hat, wohl angeregt und erfreut, aber nicht in diesem Maße erschüttert.

Schönheit, Anmut, Erhabenheit, wie sie in großer Kunst, Musik und Dichtung sich kundtun – sie heben uns, wir wissen nicht zu sagen, wie und von wannen, aus den Niederungen und Erniedrigungen unseres dumpfen oder alltäglichen Daseins.

Jenes Licht, das uns, wie flüchtig immer und flackernd, im Dunkel wie die geweihte Kerze noch im Karfreitagsdämmer scheint, wir wissen nicht zu sagen, wie und von wannen.

Freilich, wir können auch hier gleichsam das Walten des Dämons gewahren; je inniger, je süßer das Licht im Dunkel aufscheint, um so dichter und finsterer wirkt rings die Nacht.

Sangen nicht ergreifend schön jene Jünglinge, die als Opfer des Dämons in den Feuerofen geworfen wurden?

Singt nicht auf den schwarzen Wassern des Schlafs lilienhafte Anmut, die unterzugehen bestimmt ist, Ophelia?

 

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