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Das Taggespenst

28.03.2014

Mein Gespenst geruht am lichten Morgen
an meinem Bett zu kauern.
Wie rosig schautʼs unter der Sonne meiner Sorgen,
mich macht sein feistes Grinsen schauern.

Mein Daseinsschatten, allen andern unsichtbar,
ist mein verkehrtes Spiegelbild.
Und an ihm werde ich gewahr,
ihm ist nichtig, was mir als wichtig gilt.

Am Küchentisch sitzt eine Wasserblase,
transparent und doch mit meinen Zügen,
pellt ein unsichtbares Ei, riecht an der Vase –
will mit stummem Niesen mich betrügen.

Alles, was ich sage, wirft es aus der Bahn
und setztʼs in Anführungszeichen.
Alles, was ich sage, wird als unernst abgetan
oder als geklaut von meinesgleichen.

So wandelt mir sein seelenblinder Blick
die wahren Flammenzungen
an Blumen meines Parks ins falsche Glück
eisblütiger Erinnerungen.

Wenn ich mit Menschen bin, stehtʼs hinter ihnen
und äfft sie nach mit Schmierengesten.
Wenn mir einmal zwei Augen mild zu lächeln schienen,
entblößt es Schwären und Gebresten.

Mein Gespenst geruht auf dem Sims der Nacht
über meinem Bett zu kauern.
Wie bleich schautʼs unterm Monde meiner Ohnmacht –
möcht mich zu guter Letzt es dauern?

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