Daphne
… remanet nitor unus in illa …
sentit adhuc trepidare novo sub cortice pectus.
… einzig umwebt sie ein Glänzen …
Fühlt er ihr Herz unter frischer Rinde noch beben.
Ovid, Metamorphosen I, 552; 545
Mythos:
Eros schießt zwei Pfeile, einen die Liebe abstumpfenden aus Blei in das Herz der schönen Daphne, einen sie entfachenden aus Gold in das Herz Apollos, der alsbald für die immer widerstrebende, immer fliehende Jungfrau entbrennt, die in dämmernden Hainen des Walds ihrer Einsamkeit lebt. Nun verfolgt, nun jagt die Schamhafte der vom Wahnsinn der Gier und Leidenschaft getriebene Gott, fast ergreift er sie bei den flatternden Haaren, da fleht die zu Tode Erschrockene zu ihrem Vater, dem Flußgott Peneius, an dessen Ufer sie sich geflüchtet hat, er möge ihr durch Verwandlungszauber die Schönheit nehmen, die sie in solches Leid gestürzt: Da wird sie in einen Lorbeerbaum verwandelt, und Apollo, dessen Herz noch höher schlägt, umfaßt statt des Leibes den Stamm, küßt statt weicher Haut die spröde Rinde: Doch fühlt er, wie unter ihr das große Herz noch schlägt. Da wandelt sich des Gottes Verlangen in Verehrung und er bestimmt die Zweige des ihm heiligen Lorbeerbaumes seiner Leier und der lyrischen Kunst.
Des Eros sind sie beide, Scham und Flammen,
sie flieht den blonden Gott, der heiß sie jagt,
wie Liebe ihr, ist Wonne ihm versagt,
des Eros Laune spannte sie zusammen.
Das reine Lied muß keuschem Schoß entstammen,
betaute Knospe, die in Träume ragt,
des Auges Dämmerlicht, das keinem tagt,
die Milch von Schäumen, die ins Blaue schwammen.
Greift er nach ihrem Haar, ist es schon Laub,
um kalte Lenden Moos und Flechten weben,
an harter Rinde sind die Küsse taub,
nur zarter Blätter Lied kann sie ihm geben,
beglänzt mit des Entsagens goldnem Staub,
doch fühlt er immer fern des Herzens Beben.