Brunnen der Grazien
Taunusanlage, Frankfurt am Main
Deinen Nacken wärmt die verklärende Sonne,
heiter entzündet vom hochgemut wieder-
eingebürgerten Sohn der Stadt –
die Sonne der transzendentalen Trias.
Etliche Ranzen wurden dereinst damit,
als wärenʼs Wackersteine,
tief über die Hintern gezogen.
Dich wandelt ein anderes Kleeblatt –
Aglaia, Hegemone, Euphrosyne,
Anmut triefend, auf Wellen sich fläzend –
zum Waller städtisch begrünten Walls.
Schon nestelt ein lockeres Händchen dir
am Gürtel leibengender Sitte.
Eine mundgeschöpfte, kristallklare Wassermusik
hebt an und lehrt dich die Hexenmetrik der Tropfen.
Nicht mehr zählst du blutleere Silben herbei,
selber wirst du gezählt vom Kopf zu den Füßen
von Zungen graziösen Gelalls.
Zum Abschied spuckt eine jede der Schönen
dir einen Kuss auf die glühenden Wangen.
Du erigierst dich ins Freie
und lässt den Brunnen sich drehen,
es drehn sich die göttlichen Körper
im Charme verfließender Arme und Beine,
und die singenden Peitschen der Zöpfe
wirbeln dein Glied zur Entwölkung
panisch schäumender Milch. –
Entgeistert siehst leer du den Brunnen und trocken. –
Hoch über dir stehen geschwisterlich,
höhnisch flatternd,
drei Lerchen in der Luft.