Abschiedsrede des Pan an die Hirten
Mein Mittag sank
im blausten Augenblick dahin,
der Hirschkuh gleich, die waidwund
einsam bricht ins Knie –
die Götterstille schluckte eine Schlange,
die kroch aus dem Verlies
verbrannter Häute.
Es sind des Abends goldene Fingerspitzen,
die mir Abschiedsblüten streuen,
mir sagen: „Lebe wohl!“
Es mäht am Ufer des Sees
die silberne Sichel des Monds
das Schilf der Schatten.
Mein Bruder hängt am Fels,
ein Adler reißt von seinem Leben,
die Nacht zu atzen.
Die Schwester, o reine Rose,
zittert nun, ein Stern
kältester Ferne,
über dem Gipfelschnee der Schmerzen.
Ihr, meine rauhe, heiße Schar,
ihr seid berufen,
nicht nur das Lamm zu bergen,
das im Dornbusch blutet,
das Honiglicht aus dem Flüstern
alter Eichen zu fassen
in die Blumenschale,
das kristallne Lied
aus dem Moos der Quelle
rein zu wahren –
berufen seid ihr auch,
die Flöte zu beerben,
meiner Seele Mund,
ihr weiches Holz
mit warmem Hauch
und zartem Beben,
mit geküßten Lippen
der Erinnerung zu weihen
an das ländlich-schlichte Leben,
das von Erosʼ Tränen überglänzte. –
Ihr kommt in dürre Zeiten,
sonder Fühlung mit den Geistern
der Lüfte und der Wasserspiele,
Zeiten, die ein Kalender
von knöchern-greiser Hand
nach Todestagen
und Abschiedsfeiern zählt,
Zeiten, da der Sappho weiße Tauben
die schwarzen Teiche
der Einsamkeit
mit ihrem Federflaum beschneien.
In diesen Zeiten sollt ihr mein gedenken
und dem sanften Knaben,
der sich über den Rand des Teiches beugt,
dem Kind der reinen Stirn,
dem sinken ließ auf Traumes Schwelle
die schlafwandelnde Muse
eine goldene Locke,
meine Flöte schenken.