Das Gespinst
Auf den Nebeln über dem Maar der Seufzer
recken sich die Porzellanköpfe der Schönen empor.
Ihre Körper aus Alabaster und Schnee sind vierfach geflügelt,
und das Flattern und Klatschen der Flügel
wirbelt goldenen Staub in den Atlas des Himmels.
Ihre Gesichter von Kreide und Purpur krönt der Helmbusch
blauschwarzen Haars. Eine wölbt den Hals eines Schwans,
eine schlägt mit dem Schweif des Tigers, eine bettet
die weiße Brust einer Hirschkuh auf ein Kissen,
prall vom Zwitschern erstickender Vögel.
Langsam trägt der Dunst sie über das Wasser,
aus dem schimmernde Fische aufschnellen
und wie aus Tritonen Pfiffe, Schnalzen und Küsse
den lauen Wind in blaue Böen verdichten.
O, wie das Porzellan der Köpfe widertönt von Schmerz!
Dann ritzen Blitze den Dunst, und bei jedem Donner
reißt die eine den Puppenkopf der andern vom Hals
und setzt ihn sich auf, bis sie den Reihen wieder vollendet.
Hunde bellen am Ufer, schmutzige Gören tanzen
und werfen mit Steinen, bis ein Porzellan zerspringt.
Es war nur eine Epiphanie des alten Maars, nichts als
ein Quellen von Reizen märchentoter Schminke,
von Schmerzensmasken, wilden Abschiedsgebärden,
die der See unter dem Lied der Dommel gebar,
die im flüsternden Schilf vom Mondlicht trank.
Geh nur beherzt zu den Kindern ans Ufer, tanze
mit ihnen, wirf auch du deinen Stein auf das Gespinst.