Peter Geach, Reason and Argument VIII (mit deutscher Übersetzung)
8. Truth and Falsehood
Wo have kept on using the word ‘true’ without explanation or definition; this does not mean that we had no right to use the word, nor yet that we understand the word so well that no problems can arise about it.
‘True’ is variously applied; we shall be concerned with the use of ‘true’ — or as the case may be ‘false’ — to characterize what people say. What people say is true or false whether they are asserting it or not: if I say ‘It is false to hold that the earth is flat’, the sub-sentence ‘the Earth is flat’ is false; and that is why what I myself do assert — ‘It is false to hold that’ is true. Nobody need have actually asserted that the Earth is flat — even though in fact some people have done so — to make what I say true.
‘Contradictory’ or ‘negation’ being explained as in chapter 7, a proposition is false if and only if its negation or contradictory is true, and true if and only if its negation o contradictory is false. So, of any two contradictories, one is true and one false — unless it can be said that the yes-no question to which both are answers is a question that ‘does not arise’. (Just when this can properly be said is a point much disputed among philosophers; I cannot enter into the dispute here.)
Some philosophers think there are different brands of truth – empirical or factual truth, logical truth, mathematical truth, religious truth, etc. But such principles as that a falsehood cannot be inferred from a set of truths take no account of these supposed differences in brand of truth.
II we take any specific proposition, we see that ascribing truth to it hardly ever raises any problem about truth — still less about the alleged kinds of truth or senses of ‘true’. If the proposition comes to us in a foreign tongue or unfamiliar jargon, then indeed we do not know what ascribing truth to it amounts to; but once this obstacle is overcome, the problem of truth as such vanishes. Let A be the proposition ‘Our liege Lord and Sovereign is deceased’; once we know that A just means ‘Our King is dead’, ascribing truth to A raises all and only the problems of ascribing death to the King. Death is indeed a philosophical problem — but the truth of death-notices is not an extra problem.
Further reason for scouting the idea of brands of truth or senses of ‘true’ may be apparent if we consider the figure of speech called asseveration. We say ‘So-and-so as sure as such-and-such’ — we affirm the first-uttered proposition very strongly by thus linking it to the allegedly obvious truth of the second. ‘He’s guilty, as sure as I’m standing here; he’ll soon be caught, as sure as eggs are eggs; and then he’ll swing, as sure as God made little apples.’ The effectiveness of the asseverations depends only on whether the propositions put forward after ‘as sure as’ are acceptable as obvious truths: no matter that one truth would be observational, a second logical, and the last religious.
Logicians recently introduced the term ‘the truth-value of a proposition’ to mean its truth if it is true and its falsehood if it is false. They also speak of truth-conditions, meaning necessary and sufficient conditions for a proposition’s being true: e.g. a conjunction, an ‘and’ proposition, is true if and only if each conjoined proposition is true. The word ‘iff’ is short for ‘if and only if.
8. Wahrheit und Falschheit
Wir haben unentwegt das Wort „wahr“ gebraucht, ohne Erklärung oder Definition. Das bedeutet weder, dass wir es zu Unrecht gebrauchten, noch dass wir das Wort so gut verstehen, dass wir es problemlos verwenden könnten.
„Wahr“ wird vielfach verwendet; wir werden die Bedeutung des Begriffs „wahr“ – oder wenn erforderlich „falsch“ – ins Auge fassen, mit dem wir von Menschen verlautbarte Sätze kennzeichnen. Was Menschen äußern, ist wahr oder falsch, unabhängig davon, ob sie die Wahrheit oder Falschheit der Sätze ausdrücklich behaupten und bejahen. Wenn ich sage: „Es ist falsch, zu behaupten, die Erde ist flach“, ist der als Teil der indirekten Rede vorkommende Satz „Die Erde ist flach“ falsch. Und das ist der Gurnd, weshalb der von mir ausdrücklich behauptete und bejahte Satz – „Es ist falsch, zu behaupten, dass“ – wahr ist. Kein Mensch muss wirklich den Satz ausdrücklich behauptet und bejaht haben, dass die Erde flach ist – obwohl es einige Leute gab, die das taten –, damit der Satz, den ich selbst ausgesprochen habe, wahr wird.
Wir haben im letzten Kapitel die Ausdrücke „kontradiktorischer Gegensatz“ und „Negation“ definiert; demnach ist eine Aussage falsch, dann und nur dann, wenn ihr kontradiktorischer Gegensatz oder ihre Negation wahr sind, und sie ist wahr, dann und nur dann, wenn ihr kontradiktorischer Gegensatz und ihre Negation falsch sind. Ergo: Von je zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Aussagen ist die eine wahr und die andere falsch – es sei denn, man kann feststellen, dass die Ja-Nein-Frage, auf die beide Aussagen entgegengesetzte Antworten geben, eine Frage darstellt, die von keinem Belang ist, weil sie eine Scheinfrage ist. (Anhand welcher Kriterien man das aber genau feststellen kann, ist unter Philosophen heftig umstritten; ich übergehe das hier.)
Einige Philosophen meinen, es gebe unterschiedliche Arten von Wahrheit – empirische oder Tatsachenwahrheit, logische Wahrheit, mathematische Wahrheit, religiöse Wahrheit usw. Indes, solche logischen Fundamentalgesetze wie dieses, dass eine Falschheit niemals aus einer Menge von wahren Sätzen abgeleitet werden kann, gelten für alle Bereiche des Denkens und Sprechens, ungeachtet der Art von Wahrheit, die man denkt oder ausspricht.
Wenn wir uns eine einzelne Aussage vorknöpfen, erkennen wir, dass wohl kein Problem mit dem Ausdruck „wahr“ auftauchen dürfte, wenn wir ihr die Eigenschaft zusprechen, wahr zu sein – schon gar nicht, wenn es dabei um Aussagen geht, die mal die, mal jene vorgebliche Art von Wahrheit oder diesen oder jenen vorgeblichen Sinn von „wahr“ ausdrücken sollen. Wenn uns die Aussage in einer fremden Sprache oder einer unvertrauten Fachsprache vorgelegt wird, dann wissen wir auf Anhieb nicht, worauf wir uns einlassen, wenn wir ihr die Eigenschaft zusprechen, wahr zu sein. Wir wollen folgenden Satz A als Beispiel verwenden: „Our liege Lord and Sovereign is deceased.“ Mithilfe guter Wörterbücher können wir aus A den deutschen Satz bilden: „Unser Lehnsherr und Herrscher ist verstorben.“ Jetzt müssen wir nur noch eine kleine Recherche machen, um festzustellen, dass im Mittelalter der höchste Herrscher Englands natürlich der englische König war. Also bedeutet der Satz A schlicht und ergreifend: „Unser König ist tot.“ Ob wir dem genannten Satz die Eigenschaft zusprechen wahr zu sein, heißt also die Frage aufwerfen, ob es wahr ist, dass der König gestorben ist. (Dass es keinen gegenwärtigen König von England gibt, und also auch kein englischer König gestorben sein kann, dass es dagegen eine englische Königin gibt, die sich wiederum eines rüstigen Alters erfreut, wirft das philosophische Problem auf, ob der genannte Satz in unserem Kontext falsch oder sinnlos ist.) Der Tod mag ein philosophisches Problem sein – die Wahrheit von Todesnachrichten zu beurteilen ist dagegen kein Sonder-Problem.
Ein weiterer Grund dafür, der Idee unterschiedlicher Arten oder Bedeutungen von Wahrheit auf der Spur zu bleiben, wird ersichtlich, wenn wir uns den Sprechakt der Beteuerung anschauen. Wir sagen „Es ist so und so, so wahr …“ – wir bekräftigen die Wahrheit der ersten Aussage, indem wir sie an die zweite Aussage knüpfen, von deren evidenter Wahrheit wir ausgehen. „Er ist schuldig, so wahr ich hier stehe! Man wird ihn bald fassen, so wahr Eier Eier sind! Und dann wird erhängen, so wahr Gott die Äpfel erschaffen hat!“ Die Wirksamkeit der Beteuerung hängt ausschließlich davon ab, ob die an die Formel „so wahr …“ angefügten Aussagen als evidente Wahrheiten akzeptiert werden. In unserem Falle handelt es sich offenkundig um eine Beobachtungswahrheit, dann um eine logische Wahrheit und endlich um eine religiöse Wahrheit.
Neuerdings haben Logiker den Ausdruck „Wahrheitswert der Aussage“ eingeführt. Sie verstehen darunter die Wahrheit, falls der Satz wahr, und die Falschheit, falls er unwahr ist. Sie sprechen ebenfalls von Wahrheitsbedingungen für die Wahrheit einer Aussage. So ist die Verknüpfung zweier Sätze durch den logischen Junktor „und“, die Konjunktion, dann und nur dann wahr, wenn jeder der beiden durch „und“ verknüpften Sätze wahr ist. Sie verwenden dafür das Zeichen für die Äquivalenz (den Doppelpfeil ↔).
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