Die Selbstgerechten
„Schwarze Hefte“ von Martin Heidegger
Weitere Anmerkungen zur Buchvorstellung in der Deutschen Nationalbibliothek, Frankfurt am Main, 12. März 2014
Sie leben als fett-glänzende Parasiten, sie sitzen als hässliche Geier auf der vorgeblichen, wirklichen, überhöhten Schuld der Väter.
Sie waren nicht dabei, haben sich nicht die Hände schmutzig machen müssen. Sie zeigen auf ihre sauberen Hände. Doch hätten sie eher ihre Hände abgehauen, ehe sie sich in Schuld hätten verstricken lassen, wenn sie damals dabei gewesen wären?
Ihre Namen sollen in aller Munde sein, indem sie die der Väter der damnatio memoriae anheimgeben.
Sie stehen auf dem von Scheinwerfern erhellten Podium des medialen Sühne- und Femegerichts und fahren mit dem Laserstrahler mutwillig über die hoch und riesig projizierten Gesichter der Väter und Großväter, denen zuvor allen ein Hitlerbärtchen appliziert wurde.
Sie kämpfen gegen das Unrecht der Väter mit einem umso glühenderen Hass, einem umso strengeren Zorn, je mehr sie ahnen, je mehr sie zweifeln, ob sie damals in der Situation der Väter so gehandelt hätten, wie nicht gehandelt zu haben sie ihnen heute zum Vorwurf machen.
Sie haben sich, um ihre Identität auszulöschen und ihre Herkunft zu leugnen, Kommunen der Umerziehung und terroristischer Katharsis angeschlossen, deren Eintrittsritual darin bestand, sich vor der johlenden Meute der Kommunarden splitternackt zu entblößen und auf den Namen der Erzeuger zu spucken. Sie haben mit durchgestrichenen Namen dahinvegetiert, um der Lust zu frönen, niemand zu sein und für keinen Verantwortung zu tragen, weder für sich noch für die in satanistischen Ritualen der Selbstentfremdung gezeugten Kinder.
Alle haben sie HEUTE einen Juden versteckt. Aber es sind Leichen in ihren Kellern.
Sie inszenieren in regelmäßigen Abständen einen lärmenden Aufstand, eine Verleumdungs- und Verfemungskampagne gegen die Väter und Mütter, aus dem Grund ihrer Scham, nicht zur Ruhe, zur Besinnung, zur Bestimmung ihrer selbst durch eine erhaben-göttliche oder wenigstens eine ressentimentfrei-unschuldige Macht gelangen zu können.
Sie beschreien die Sünden der Väter, um die Leere der eigenen Gegenwart zu überschreien.
Sie sinken wie Schwebstoffe im Brackwasser der Gegenwart immer tiefer auf den Grund der Verkommenheit, der Unfruchtbarkeit, der tosenden Stille in der Ferne des Heiligen Geistes. Sie wähnen sich Auftrieb verschaffen zu können, indem sie heftig um sich schlagen und fremde Schuld aufwirbeln. Wenn sie den Wert der Angeklagten bis ins Gesichtslose auskratzen, glauben sie, damit die Löcher in ihrem Selbstgefühl stopfen zu können.
Die Schuld der Väter ist ihnen, den Nichtschwimmern des eigenen Lebens, wie die rettende Blase, an der sie sich festklammern, um nicht zu ertrinken.
Sie vermasseln das Leben, zerstückeln die Existenz, verpanschen die Essenz des Lebens, zerquatschen die geistige Stille, werfen die Hostie der guten Empfindung in die Kloake der schlechten – und weisen verzückt mit dem Finger über die Schulter nach rückwärts.
Sie wollen mit DENEN fertig werden, weil sie mit sich nicht ins Reine kommen. Sie wollen mit IHNEN abrechnen, um nicht über sich selbst Rechenschaft ablegen zu müssen.
Erst waren es die widrigen Umstände, die ihnen Narrheit, Flegelhaftigkeit und Blutvergießen rechtfertigten – jetzt sind sie bei der Genetik und der Abstammung gelandet: den Vätern … Bald wird es wieder die Rasse sein, denn die Bedeutung von ethnischer und rassischer Zugehörigkeit wächst vor ihren Augen stündlich an. So werden die Begriffe Ethnos und Rasse, auf die sie wie auf Aussätzige herabblicken, zurückkehren – denn wie sie wissen und wie sie es sagen: Das Verdrängte kehrt zurück, das Verleugnete taucht wieder auf. Dann gilt es Auge um Auge, Zahn um Zahn – Rache für all die moralisch-ästhetische Verunstaltung qua Verpanschung und Entgrenzung, wenn sich die neuen Gen-Fundamentalisten in ihren schneeweißen Kitteln in den High-Tech-Laboren der Reproduktionsmedizin und Populationstechnik als Wiedergänger der Väter entpuppen.
Sie können IHNEN nicht verzeihen, dass sie bei der Umsetzung radikaler, alles revidierender, grundstürzender Ideen gescheitert sind – sind sie doch selbst bei der Umsetzung IHRER radikalen, alles revidierenden, grundstürzenden Ideen gescheitert.