Das schlichte Leben sagen
Die Ros’ ist ohn warum.
Sie blühet, weil sie blühet.
Sie acht nicht ihrer selbst,
fragt nicht, ob man sie siehet.
Angelus Silesius
Das schlichte Leben lebt sich ohne Frage.
Es fragt die Rose nicht nach Sinn und Gründen,
warum so hold sich ihre Knospen ründen.
Es öffnet sich ihr Schoß dem Sonnentage,
sie streut den Wassern, die ins Dunkel münden,
die Blüten, opfert hin sich ohne Klage.
Vollkommen ist die Webkunst einer Spinne,
sie grübelt nicht, ob auch die Fäden halten.
Voll Anmut sind die zarten Klanggestalten,
als bebe eines Vogels Herz vor Minne.
Die Stirn des Tigers legt sich nicht in Falten,
kein Zweifel hindert, daß die Lefze rinne.
Du auch, o Dichter, laß vom Grübeln, Zagen,
mag dich der Schnee der leeren Seite blenden,
schon taut er unter deinen heißen Händen,
schon siehst du Gras und Zeichen zitternd ragen
und hörst, wie Tropfen leise Reime spenden.
Kein Grübeln, Dichter, lehrt das Wahre sagen.
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