Geheimer Quell
Der Muschel wunderlich Gewinde,
der trunken funkelt, Bergkristall,
betörender Duft der Sommernachtslinde,
Gesang der einsamen Nachtigall –
der Wolken wechselnde Sinngestalten,
die dunklen Mysterienspiele des Lichts,
wenn Venus-Knospen purpurn sich entfalten
und sinken, bleiche Nonnen des Verzichts –
die Rätselsagen der dämmernden Erde,
die glitzern wie der nächtliche Tau,
des Lebens innige Wehgebärde,
sinkt Veilchens Haupt im Regengrau –
der sapphischen Ode Traumgeranke,
vom Hauch der Inselnacht durchweht,
die Hüfte der Schäferin, die schlanke,
wenn mit Verlaine sie zu den Festen geht –
der schwarze Flügel eines Baudelaire,
womit sich müd gerauscht der Abgrund-Spleen,
die goldene Frucht antiker Mär,
im Schoß der Hymne bergend Hölderlin.
Geheimer Quell, der Dichtern Hochsinn spendet,
der Liebe spiegelt ihr verklärtes Bild,
der Geist, holdselig in sich selbst vollendet. –
O einen Tropfen nur, der uns die Wunde stillt!
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