Glänzender Asphalt
Wie schimmert dunkler Schiefer auf den Dächern,
wenn Wolkenbäuche vor die Sonne drängen
und es in dünnen Fäden regnet, regnet.
Der taube Stoff, in dumpfer Glut ermattet,
taut auf und öffnet hellem Seufzen Poren.
So auch der Kiesel eines schlichten Worts,
wie „Abend“, „Schwester“, „Hand“ und „Stirn“,
von eines feuchten Windes Kuß behaucht,
getunkt ins Rieseln eines klaren Baches,
scheint er die matte und profane Haut
des monotonen In-der-Sonne-Brütens
mit einem Perlmutt-Irisglanz zu tauschen,
wird er zur Muschel eines Verses wie:
„O Abend, kühle schwesterliche Hand,
die sich auf deine heiße Stirn gelegt.“
So trotten wir auf dem Asphalt des grauen,
von jedem grünen Halm entwesten Lebens
und hören kaum den Widerhall der Schritte,
der eignen und der fremden, wie sie zögernd,
wie manchmal herrisch ihr Geklapper Rhythmen
und einer wunderlichen Fuge Kanon bildet.
Doch fallen erste schwere Regentropfen,
wir aber flüchten unter die Arkaden,
besänftigt unser unruhkrankes Herz,
den Zitterfalter im Kokon des Todes,
der lange Blick auf den Asphalt, der glänzt
und glitzert wie von transzendenten Ölen.
Das Plätschern und das Seufzen weichen Wassers,
sein Zischen unter müden Autoreifen,
das Glucksen aus den Träufen der Balkone,
all dies erweckt der frühen Kindheit Bild,
als du an hoher Pforte Schwelle saßest
mit einem Butterbrot auf jenem Schemel
aus Buchenholz, dem mitten auf dem Sitze
war eine Mulde wellengleich zum Griff
gefräst für eine Kinderhand. Du schaust
versonnen wie in einem wachen Traum
die Tropfen auf das Kopfsteinpflaster klatschen,
die mineralisch-zarte Färbung im Basalt
der Fenstersimse, wo Begonien beben,
und wie die Rinne unter deinen Füßen
in Schäumen schwillt und trunknes Wirbeln
um Blätter, Schoten, Pollen, Samenkapseln.
Gar manches gab die Urzeit-Linde preis,
die Ring für Ring um Gottes Odem wuchs,
sie hob vorm Tor der Kirche Sankt Johannes
die große Glorienkrone, spendete
als dunkler Orgelton dem Hochgesang
ihr Rauschen (sie ward dargebracht zum Opfer
des schnöden Kults um blechern-tote Götzen).
Noch siehst du sie im Glanze schauernd,
blickt fern dich ihr geheimes Leben an.
Dann einer Peitsche Knall, die hohe Fuhre
der letzten Mahd biegt schwankend in den Hof.
Der Hund von nebenan, mit schlappen Ohren
sich an die Hauswand drückend, huscht vorbei
und sträubt sein Fell, daß Perlen spritzen.
Weißt du es noch, wie dir die Stulle schmeckte,
hörst du es noch, wie bang die weichen Tropfen
im Dämmerlaub der Müdigkeit zersprangen,
fühlst du es noch, wie hold der Sommerabend
den Duft von Malven in den Schlaf geweht?
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