Tierische Plaudereien
I
Kater: „Wenn ich schreite, istʼs wie Nurejew, wenn du trottest, istʼs nur wie Hund.“
Hund: „Wenn ich heule, dann um meinetwillen unterm hellen Mond, wenn du jammerst, dann um die Katz in finsterer Nacht.“
II
Pfau: „Mein Schrei ist gräßlich, doch mein Rad ist schön.“
Spatz: „Dein Rad hat schöne Augen, doch du kannst damit nicht fliegen.“
Nachtigall: „Ich bin unscheinbar wie du, mein Spatz, doch mein Gesang ist himmlisch.“
Huhn: „Bin weder schön noch kann ich singen, doch zu Ostern färbt man meine Eier und versteckt sie für das gute Kind.“
III
Lipizzaner: „Mein Schritt hat Anmut, Würde hat mein Trab.“
Hund: „Doch mußt im Kreis du an der Leine laufen; derselbe Mensch, um den devot du kreist, läßt mich auf seinem Kissen dösen.“
Lipizzaner: „Mußt doch das Stöckchen, das er wirft, ihm apportieren.“
IV
Möwe: „Ich segle kühn auf wilder Wellen Schaum, mich dauert nicht der Schiffbruch kleiner Menschen.“
Taube: „Schreckt mich auch Sturm und Wildnis, Blattes grüne Hoffnung trug ich einst im Schnabel.“
V
Esel: „Ein Roß, das fliegen kann, na gut. Doch schleppe ich auf krummem Rücken Scheiter oder Früchte, Dinge, die dem Menschen nützen.“
Pegasus: „Ich schlug mit meinem Huf die Quelle auf, die schön den Dichtern singt.“
Esel: „Amphoren, die ich trage, bergen nicht der Erde Sinn allein, denn im Weine funkelt tief die Sonne, wahren Dichters klarer Rausch.“
Pegasus: „Ich trug den großen Heros, daß er das Unheil der Chimäre niederringe.“
Esel: „Ich trug das Heil der Welt, daß des Lebens Dunkelheit ein reiner Wein erhelle.“
VI
Frosch: „Mein Sommerabend ist laut quaken für die Liebe.“
Grille: „Ist deine Liebe denn halb taub, daß du so schreien mußt?“
Frosch: „Ich singe laut, weil auch mein Nachbar quakt, und werde lauter, ihn zu übertönen, so gehtʼs reihum, bis Lied und Kehle platzen.“
Grille: „Ich zirpe fröhlich durch die Nacht, wer möchte Frohsinn überschreien?“
Leuchtkäfer: „Meine Liebe, sie ist stumm, doch leih ich ihrer Nacht ein Leuchten, daß man ihr Wunder schaut.“
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