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Das Erlöschen einer Ikone

08.12.2018

Auf Balustraden strotzt der Taubenkot,
die edle Wucht der hellen Dorersäulen
ist entstellt von Graffiti, urinverätzt,
dem Adler auf dem Portikus kleben Kondome
in den tauben Klauen, auf dem Platz,
weit wie der Atem feierlicher Hymnen,
dudelt ein Saxophon im Negerslang
von rohen Lüsten unbeschnittener Herzen.
Am Monument des Dichters, dessen Glut
im goldnen Wein der Elegie die Lippen
der Liebenden zu eignem Wort erweckt,
lungern Fixer, Nutten, Strolche, deren Messer
orientalisch funkeln, und im Schmarotzerfett
des Nomadenpatriarchen der schwarze König,
dem wilden Samens Enkel den Diamant
am Ring des hingereckten Fingers küssen.
In den Pinkellachen vor dem Supermarkt,
der auf die Hostie triefenden Nase
des stinkenden Bettlers, im offenen Hosenstall
des messianisch verklärten Vagabunden
ist mir, o Franz, die Ikone des Armen erloschen.

 

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