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Der verlorene Sohn

14.03.2017

Mit seiner Neigung wächst einsam Gestalt
dem ausgesetzten Leben,
wie die geneigten Harfen der Bäume
dem somnambulen Griff der Winde dienen –

Gefolgschaft heischt die Herrin Sonne,
wenn Blumenaugen panisch schielen
und sich im Halbkreis drehen,
wie Chöre um den Glanz der Operndiva –

es spindeln sich um einen starken Arm
väterlichen Halts die zarten Winden,
und Efeu schauert übern Fels,
den harten Sitz des grünen Lebens –

doch schleicht der blindgeliebte Sohn
am Bande väterlicher Tränenblicke
durch die engen Flure warmer Schatten,
krümmt sich seine Seele unters Joch
der mütterlichen Seufzer,
kann aus der Gefangenschaft der Liebe
er nicht aufrecht durch das Tor
des ihm, nur ihm erblühten Gartens gehen –

ihn quält die Sehnsucht nach dem Meer,
er hört am nächtlichen Fenster nur sein Rauschen,
er fühlt im Haar der fremden Frau den fernen Wind
und schmeckt auf ihren Lippen Salz,
in ihren Augen ebbt und flutet Licht im Uferschilf –

er gräbt mit hartem Stichel sich ein Loch
in den verhornten Grund der Seele,
doch schöpft er keinen Trank
wie Tiere, die in Steppen scharren,
er senkt sich ganz in diesen toten Schacht
und liegt erstarrt auf seinem Grund,
während er gesenkten Blickes geht
an den Seinen wie im wachen Traum vorbei,
düster und verschwiegen.

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