Geheime Zwergensache II
Verwachsensein heißt aus dem Winkel sehen,
wie die Sonne die Kruppe des edlen Pferdes
entlangstreicht und die goldenen Schalen der Blüten
zum Erklingen bringt.
Mit den Krumen denken und der harzenden Rinde
heißt geboren sein aus dem Bruch der dunklen Eiche,
der stinkt nach modrigen Pilzen und qualmt noch
vom Einschlag des Blitzes.
Der Höcker macht den Geist scharf und spitz die Seele,
es schaut der Zwerg in der Sonnenscheibe die Flecken,
er schlürft das Mondlicht mit geblähten Nüstern,
auf feinen Gräsern pfeifend.
Er zischt über den weißen Früchten fraulicher Brust,
ihn quält, durch Halme lugend, ihr roter Blumenrand,
er wünscht, im blonden Strudel ihrer Haare, den wind-
gezeugten, zu ertrinken.
Er sieht sich entrückt in den Quappen, die später Frost
gebannt, er fühlt sich unter der Schale des Eis
im Zittern und Beben des Dotters. Er hat keine Wärme,
auszubrüten die Seele.
Von der Liebe kennt er das triefende Krötenauge,
den verschlossenen Mund des Adonisröschens,
die schmerzlich flackernde Kerze des Aaronstabs,
des Käuzchens Abendschrei.
Er räkelt sich auf dem Pfosten am herbstlichen Feld,
er will seine Augen in den hohlen Kopf der Vogel-
scheuche versetzen, dem toten Faun zum Himmel
aufkitzeln den Phallus.
Verwachsensein heißt die Wahrheit blitzen sehen
in Scherben, die aus dem Traum des Ungeküssten gefallen,
und in den zerfetzten Rufen der Nacht hören Gesang,
die Elegie der Toten.
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